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Mahler hui, Mozart pfui

■ Staatsorchester unter Star-Leitung von Moshe Atzmon in der „Glocke“

Mit dem israelischen Dirigenten Moshe Atzmon hatte sich das Staatsorchester endlich einmal wieder einen hochkarätigen Gast- Maestro ans Pult geholt, an den man einige Erwartungen knüpfen durfte. Das Programm huldigte (natürlich!) zunächst dem Jubilarissimo. Für den Beginn hatte Atzmon Mozarts erste viersätzige Sinfonie ausgewählt. Das Werk in g-moll (KV 183) paßte gut zum nachfolgenden Violinkonzert G-Dur KV 216.

Allerdings: Besser als erwartet gerieten beide Werke nicht, blieben biedere Hausmannskost gemäß philharmonischer Routine. Schon die mit immerhin vier Hörnern üppig besetzte Sinfonie geriet farblos. Atzmon wollte das Orchester wohl frei spielen lassen — was es dann allerdings nicht tat... Lichtblicke gab es nur vereinzelt (Bläser im Trio).

Sicher ist Mozarts „forte“ ein leiseres als bei Mahler. Das heißt aber nicht, die Dynamik auf „Sparflamme“ halten zu müssen und immer den Deckel auf dem Topf zu lassen. Das Violinkonzert geriet etwas gefälliger, wenn auch nicht spannender. Der junge Solist Andrea Cappelletti spielte solide, aber ohne –Pep'. Gleiches gilt für die lange Zugabe, das Präludium aus Bachs Solo-Partita E-Dur. Überdies ist der romantisierende Interpretationsansatz, den das Orchester und sein Dirigent vorstellten, nach allem, was wir heute über die Aufführungspraxis zu Mozarts oder gar Bachs Zeiten wissen, kaum mehr akzeptabel. Offensichtlich zeichnet sich bereits zu Beginn des Mozart-Jahres die Tendenz ab, in der Interpretation seiner Werke einer Auseinandersetzung mit neuen Erkenntnissen lieber aus dem Weg zu gehen.

Vielleicht fielen die beiden Mozart-Werke nur einer zu geringen Probenzeit zugunsten Mahlers zum Opfer: Seine im zweiten Programmteil folgende Erste Sinfonie ist nicht nur dem ( Jean-Paul reflektierenden) Untertitel nach ein „Titan“. Schon wegen der vielen nötigen Aushilfen wird man in Bremen derlei Massiges selten hören. Das Staatsorchester leistete Erstaunliches. Es ist ganz unmöglich, hier alle gelungenen Einzelheiten hervorzuheben. Das Orchester setzte sein ganzes künstlerisches Potential ein und bewältigte das Werk mühelos. Klangbalance, Tempi und Dynamik waren sorgsam ausgearbeitet. Allein, die Lautstärkespitzen konnte die „Glocke“ kaum verkraften.

Die Zuhörer waren begeistert und applaudierten lange. Schade, daß einige bereits zur Pause gegangen waren, und schade, daß das Publikum nicht genügend Würde zeigte, mit dem Verlassen des Saals zu warten, bis sich der Beifall legte. Das Orchester hätte sie verdient. Atzmon hatte offensichtlich ökonomisch und effektiv geprobt. Solche Gäste sollte sich das Orchester öfter leisten.

Gunnar Cohrs

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