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Personalwechsel in hohen Ämtern des Kreml

■ Alexander Bessmertnych, der über lange Jahre Diplomat und zuletzt Botschafter in den USA war, wird Außenminister, und Walentin Pawlow, ein KPdSU-Finanzexperte, erklimmt den Stuhl des Ministerpräsidenten PORTRÄT

Berlin (taz) - Das sowjetische Parlament hat am Dienstag mit großer Mehrheit den bisherigen Botschafter in den USA, Alexander Bessmertnych (57), zum neuen Außenminister gewählt. Für ihn stimmten 421 der Abgeordneten, drei stimmten gegen ihn, zehn enthielten sich. Bessmertnych war zuvor von Gorbatschow als Nachfolger von Schewardnadse vorgeschlagen worden, der im Dezember überraschend seinen Rücktritt eingereicht hatte. In einer ersten Stellungnahme erklärte Bessmertnych, sowjetische Truppen würden keinesfalls in den Golfkonflikt eingreifen. Der Kurs der Sowjetunion in der Golfkrise sei „klar, ehrlich und prinzipienfest“. Besonders jetzt sei die Aggression Iraks gegen Kuwait zu verurteilen. Hätte Moskau auch nur formell die Seite des Aggressors bezogen, wäre ein Präzedenzfall geschaffen worden, „den wir künftig bedauern würden.“

Viele Jahre war der neue sowjetische Außenminister Diplomat in den USA, bevor er 1983 nach Moskau zurückkehrte. Dort leitete er unter Andrej Gromyko die Abteilung USA im Außenministerium. 1988 wurde Bessmertnych zum Ersten Stellvertretenden Außenminister befördert und soll zu denjenigen Mitarbeitern Schewardnadses gehört haben, die in der täglichen Arbeit Glasnost auch in der Diplomatie praktizierten. Im Mai 1990 wurde er zum sowjetischen Botschafter in den USA ernannt. Der als außerordentlich erfahren geltende Bessmertnych, Berufsdiplomat seit 1957, war an allen großen internationalen Verhandlungen der jüngsten Zeit beteiligt. Damit ist er im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger, dessen Ernennung 1985 eine große Überraschung darstellte, für seine ausländischen Kollegen eine durchaus bekannte Größe.

Am Montag schon wurde Nikolai Pawlow (53), der bisherige Finanzminister, zum Ministerpräsidenten ernannt. Pawlow war am Samstag vom Föderationsrat beim Präsidenten als Nachfolger von Nikolai Ryschkow vorgeschlagen worden. Er hat seit seiner Habilitation an der Moskauer Finanzhochschule eine KPdSU-Bilderbuchkarriere absolviert. Er stieg im Apparat des Fianzministeriums ins Kollegium des staatlichen Planungskomitees auf, 1986 wurde er Vorsitzender des Staatlichen Komitees für Preise der UdSSR. In Interviews trat er für einen ausgeglichenen Haushalt und Sparsamkeit ein. Allerdings war sein Wirken nicht von durchschlagendem Erfolg gekrönt, denn das Haushaltsdefizit ist keineswegs unter die 100-Milliarden-Rubel-Marke gefallen.

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