: Kriegseuphorie an der Wallstreet
■ Aktien in New York weiter gestiegen/ Öl kostet jetzt weniger als 20 Dollar pro Barrel
New York (taz/ap/dpa) — Am New Yorker Aktienmarkt sind die Kurse am Freitag weiter gestiegen. Anders als in Frankfurt setzten die Börsianer in der Wallstreet trotz Angriffs des Irak auf Israel weiter auf einen schnellen Sieg der US-geführten alliierten Streitkräfte am Golf. In Frankfurt hatte die Kriegseuphorie am Freitag bereits deutlich nachgelassen, weshalb es dort zu „Kurskorrekturen“ nach unten gekommen war: Der Deutsche Aktienindex sank um 17,61 auf 1.405,06 Punkte. Der New Yorker Dow-Jones-Index von 30 ausgesuchten Industriewerten stieg um weitere 23,27 Punkte auf 2.646,78 Punkte, nachdem er am Donnerstag schon 114,60 Punkte (4,7 Prozent) angezogen hatte.
Ganz anders war die Stimmung auf dem Ölmarkt. Gegen Ende des New Yorker Börsenfreitags kam es zu „Panikverkäufen“. Positive Pentagon-Analysen über den bisherigen Verlauf des Golfkriegs und der bisherige Verzicht Israels auf Vergeltungsmaßnahmen für die irakischen Raketenangrifffe trieben den Preis für leichtes Rohöl am New Yorker Warenterminmarkt Mercantile Exchange im Tagesschnitt um 2,19 Dollar oder zehn Prozent nach unten. Der Rohölpreis schloß mit 19,25 Dollar für das Barrel (159 Liter) und lag damit erstmals wieder deutlich niedriger als vor der Besetzung Kuwaits am 2.August letzten Jahres.
Die US-Ölpreise hatten am Vortag, dem ersten Tag des Krieges, bereits mehr als zehn Dollar ihres Wertes verloren. Innerhalb von zwei Tagen sind damit die Rohölpreise in New York um 12,75 Dollar oder 40 Prozent gefallen. Einige Händler hatten am Freitag zunächst auf einen lang anhaltenden Krieg spekuliert und Rohöl in der Erwartung gekauft, daß die Preise nach der Euphorie über die Erfolge der alliierten Armee wieder anziehen würden. Vereinzelt war dies auch der Fall, nachdem Präsident George Bush gesagt hatte, daß der Krieg eine Weile anhalten könne, und der Raketenangriff auf Israel eine Eskalation des Krieges anzudeuten schien. Als diese Nachrichten den Ölmarkt nicht wiederbelebten, setzte Panik ein.
„Diese Bewegung unter 20 Dollar war ein Zeichen, daß diese Sache nicht wieder in die andere Richtung geht“, sagte ein Marktbeobachter. „Statt über das Wochenende zu warten was passiert, sagten sich die meisten, ,laßt uns die Verluste hinnehmen und aussteigen, bevor die Sache nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist'“, meinte er.
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