: Begründungspflicht für Petitionen
■ Petent klagt in Karlsruhe / SPD-Entwurf „verfassungswidrig“
Ulrich Barth bleibt hartnäckig. Seit 1985 streitet der Bremer Bürger mit dem Senat über die Auslegung des Petionsrechtes. Jetzt hat er Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Barth hatte 1985 als Mitglied der Initiative gegen die Hollerlanderschließung eine Eingabe gemacht. Inhalt: Die Erschließung verletze den § 7 der Haushaltsordnung, da zuvor keine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt worden sei. Deshab müsse das Projekt vorerst gestoppt werden. Ein dreiviertel Jahr später, und auch da erst nach mehreren „Erinnerungen“ erhielt Barth einen abschlägigen Bescheid. Begründet wurde die Ablehnung nicht, und genau da setzt die Parlamentsschelte des mündigen Bürgers ein.
Für Barth ist die Behandlung seiner Petition ein typisches Beispiel für den Umgang der gewählten VolksvertreterInnen mit eben diesem Volk. Seine Forderung nach einer begründeten Ablehnung von Petitionen begründet Bath so: „Die Legitimation von Politikern in einem demokratischen Staat kann sich nicht darauf beschränken, daß die Bürger alle vier Jahre ein Kreuzchen machen dürfen.“ Das Petionsrecht sei eine der wenigen Möglichkeiten des direkten Dialogs zwischen Politik und Wahlvolk. Ein einklagberer Anspruch auf die Begründung abgelehntere Petitionen sie ein Gebot der Demokratie, so Barth. Wenn die BürgerInnen sich nicht ernst genommen fühlten, bräuchten die PolitikerInnen sich über wachsende Staatsverdrossenheit nicht zu wundern.
Die Gerichtsinstanzen, die der zähe Petent bisher durchlaufen hat, das Bremer Verwaltungs-und Oberverwaltungsgericht sowie das Bundesverwaltngsgericht, sind seiner Auffassung nicht gefolgt. Das Bremer OVG zum Beispiel hielt die „Mitteilung der für die Zurückweisung wesentlichen inhaltlichen Argumente“ für nicht zwingend erforderlich. Das aber will Barth mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen. Die Bundesrichter haben sich in der Vergangenheit lediglich 1953 mit dem Petitionsrecht befaßt und damals die Begründungspflicht abgelehnt.
Aktueller Anlaß für den rührigen Bremer ist die bevorstehende Entscheidung der Bürgerschaft über ein neues Petitionsrecht. Barth sieht im Entwurf der SPD keine wirksame Verbesserung des Petitionsrecht, da der weder einen einkagbaren Begründungsanspruch, noch die Möglichkeit der Verfahrensbeschwerde vorsehe. „Schlicht verfassungswidrig“ ist in Barths Augen eine im SPD-Entwurf enthaltene Klausel, wonach eine Aussprache im Parlament über Entscheidungen des Petitionsausschusses nur dan stattfinden soll, wenn mindestens ein Viertel der Abgeordneten das verlangt. Damit stelle die SPD dem Ruf „Wir sind das Volk“ den Ruf „Aber wir sitzen im Parlament“ entgegen.
asp
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