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Der Bundesgrenzschutz ist zu langsam

■ Österreich jubelt über sein erstes Weltmeisterschafts-Gold im Super-Riesenslalom der Männer

Berlin (taz) — Die organisatorischen Verlierer der alpinen Ski- Weltmeisterschaften in Saalbach- Hinterglemm stehen schon fest: Hotels, Pensionen und Diskotheken beklagen eine gähnende Leere. Ein enttäuschter Gast brachte es auf den Punkt: „In Saalbach herrscht abends tote Hose.“ Der Touristikmanager der Region, Schröder, befürchtet, „daß 40 Prozent der Betten leer bleiben. Das übliche Schicki-Micki- Publikum ist ferngeblieben, weil die Freß- und Saufparties wegen der politischen Lage abgesagt wurden.“ Eine finanzielle Pleite droht.

Die politischen Verlierer sind auch schon ermittelt. Die US-amerikanischen Skifahrer haben zwar gemeldet, wurden auch ausgelost, aber dann sind sie spurlos verschwunden. Aus Sicherheitsgründen sollen sie möglicherweise in einer Kaserne in Bayern untergetaucht sein. Von dort sollten sie mit Hubschraubern zum WM-Ort geflogen werden, sind aber bisher nicht gesichtet worden. Damit erlosch zugleich jedes Interesse des US-Fernsehens ABC, das sein Team zurückbeorderte und die TV- Übertragungen von den Titelkämpfen absetzte.

Die sportlichen Verlierer der Meisterschaften wollen es natürlich noch nicht wahrhaben und sind auch noch nicht zu benennen. Aber schon vor der ehemaligen Paradedisziplin der deutschen Rennläufer, dem Super-Riesenslalom, witzelte der DSV-Alpinchef Messmann: „Eine Medaille wäre ein Kalauer.“ Er blieb aus. Wo vor Jahren drei bis vier Athleten in den Weltcup-Rängen normal waren, fährt man heute ratlos hinterher. „Unseren Vorsprung haben wir damals überraschend erreicht und genauso schlagartig wieder verloren“, beklagt Ex-Weltmeister Marcus Wasmeier. Gemeinsam mit den drei Bundesgrenzschützern Zehentner, Tauscher und Huber fuhr er auch beim WM-Rennen der Konkurrenz hinterher. Die Abfahrt-Spezialisten sind technisch versierter geworden und machen die Super- G-Läufe nun mit jungen Aufsteigern unter sich aus.

Die organisatorischen Sieger sind die Architekten des WM-Zeitplans. Nachdem die Slalom-Spezialisten die Zuschauer in Stimmung brachten, steigerten die Super-G-Läufer vor allem die Euphorie der Gastgeber. „Die Österreicher werden unter diesem Erwartungsdruck keine Medaille gewinnen“, orakelte der deutsche Armin Bittner und handelte sich damit Unmut und Pfiffe der Zuschauer ein. Aber vor allem Austrias Athleten belehrten bisher alle Kritiker. Im Slalom sprang der Silbermedaillen-Gewinner Thomas Stangassinger für den Titelverteidiger Rudi Nierlich ein. Im Super-Riesenslalom egalisierte Stefan Eberharter die Enttäuschung über Top-Favorit Mader.

Der sportliche Sieger des Tages kommt aus dem Zillertal, ist 21 Jahre alt und fährt seine erste Weltcup-Saison. Stefan Eberharter unterbot vor über 10.000 Zuschauern die Bestzeit eines anderen Youngsters, des 19jährigen Junioren-Weltmeisters Kjetil Aamodt aus Norwegen um unglaubliche anderthalb Sekunden. Die Routiniers blieben chancenlos. Der französische Stilist und Olympia-Sieger Frank Piccard wurde Dritter vor dem Norweger Ole-Christian Furuseth, der seine Bronzemedaille schon im Spezialslalom gewann.

Mit diesem Erfolg fanden die Österreicher wohl auch die sportlichste Form der Ehrung ihres am Wochenende tödlich verunglückten Kollegen Gernot Reinstadler. An der Trauerveranstaltung am Vorabend hatte sich ein Großteil der Nationalmannschaft beteiligt. bossi

Ergebnis Super-G der Männer: 1. Eberharter (Österreich) 1:26,73; 2. Aamodt (Norwegen) 1:28,27; 3. Piccard (Frankreich) 1:28,55; 4. Furuseth (Norwegen); 5. Wallner (Schweden); 6. Locher (Schweiz) ... 13. Wasmeier (Schliersee); 15. Tauscher (Oberstdorf).

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