: Standbild: Ex-und-hopp-Produkt
■ "Inside Bunte", Samstag, 17.45 Uhr, RTL plus
Andreas Lukoschik und seine Crew heimsen mit Leo's regelmäßig höchstes Lob ein, und das mit einer Sache, der sich ernsthafte Menschen — wie Fernsehkritiker zum Beispiel — eigentlich gar nicht widmen dürften: mit einem Klatschmagazin. Allerdings ist die Art, wie Lukoschik den Prominenten auf den Leib rückt, neueste Verstiegenheiten den Hautevolée augenzwinkernd kommentiert und hochpräsent jeweils zur Zeitgeisterstunde ironische Kommentare abliefert, bislang unerreicht und von hübscher Unhaltungsqualität.
Klatsch ist auch das ureigenste Metier der Münchner Zeitschrift 'Bunte‘, und eben dort muß angesichts der Lobhudeleien jemand auf die Idee gekommen sein, es den Leo's nachzutun.
Das Ergebnis heißt Inside Bunte, flimmert vierzehntägig via RTL plus über den Bildschirm und steht für Kabelfernsehen in seiner schlimmsten Form. Unter der „künstlerischen Leitung“ des verkrachten Filmregisseurs Nikolai Müllerschön mühen sich fünf Redakteurinnen, Studentinnen der Medienwissenschaften, Anschauungsmaterial zu liefern für Seminare zum Thema: „Wie man mit bunten Bildern Inhalte ersetzt.“
Hektische Musik, Spielereien mit der Videotricktechnik und ähnlicher Schnickschnack sollen Modernität suggerieren. Eingeblendete Stichworte ersetzen die Fragen des unsichtbaren Interviewers: Die Antworten werden knapp zusammengeschnitten. Etwa so: Das Insert zeigt das Wort „Eifersüchtig?“ — Hella von Sinnen kommt ins Bild und sagt: „Ja. Bin ich.“ Die Frage hätte auch lauten können: „Sind Sie Frau von Sinnen?“
Inside Bunte bleibt ganz dem Stummelsprachstil der Boulevardpresse treu, verständlich, ist doch das Magazin aufgemacht als 25minütiger Werbespot für das Münchner Mutterschiff. Da wird beispielsweise der Karikaturist Horst Haitzinger porträtiert — porträtiert ist zuviel gesagt: Man läßt ihn reden — und der zeichnet wo? Für die 'Bunte‘. Trends will dieses modisch aufgemachte Ex- und-hopp-Produkt bieten und betet doch nur die allgemein geläufigen Hitlisten nach.
Unter dem Stichwort „Modemagazin“ läßt man Münchner Schickeria-Schnepfen sich in hautengen Leibchen räkeln; der Originalton dazu: „Da werden Frauen zu Katzen, Mädchen zu Miezen“, denn „Catsuits“ sind angesagt: „samtweich, hauteng, verführerisch.“ Na, endlich werden die Weiber vernünftig, denkt der Pantoffelheld, da platzt noch Hella von Sinnen in die Sendung und berichtet von ihrem ausgeglichenen Liebes- und Sexualleben als Lesbe. Was ja ein kleiner Stich ins warme Nest des deutschen Spießers wäre, hätte man nicht im Gegenschnitt zu von Sinnens durchaus ernstgemeinten Bemerkungen Ausschnitte aus ihrer Krawallshow Alles nichts oder?! gezeigt, die, ob gewollt oder nicht, in diesem Zusammenhang die Befragte denunzieren.
Keine Frage — wir bleiben bei Leo's. Inside Bunte ist nur ein infames und noch dazu schlecht gemachtes Plagiat.Herr Dittmeyer
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