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Recht und Ordnung müssen sein!-betr.: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

Sehr geehrter Herr

Bundeskanzler!

Dauernd muß ich an den alten Herrn Honecker denken. Da stand er jahrelang an der Spitze eines in der Welt anerkannten Staates, hat sich auf dem internationalen Parkett mit allem getummelt, was Rang und Namen hatte — und dann dieser jähe Absturz. Jetzt reibt man ihm die an der Mauer Erschossenen unter die Nase und will ihn sogar ins Gefängnis bringen.

Irgendwie gleiten meine Gedanken dann immer gleich zu Ihnen ab, Herr Bundeskanzler. Auch Sie sind doch quasi auf dem Höhepunkt Ihrer Laufbahn, Sie haben die Revolution in der DDR erfolgreich zu Ende geführt und die deutsche Einheit so glänzend hergestellt. Jetzt empören Sie sich über die irakische Besetzung Kuwaits und wollen statt dessen eine amerikanische Besetzung des Iraks. Gut so! Recht und Ordnung müssen sein!

Alles läuft auch bestens — nur sind da überall diese Friedensgebete, Mahnwachen, Demonstrationen und Blockaden. Das riecht doch schon wieder verdammt nach Umsturz! Vor reichlich einem Jahr konnten wir ja eindrucksvoll erfahren, wie schnell sich manchmal die Zeiten ändern. Und wie würden Sie dann dastehen, Herr Bundeskanzler? Irgendwelche spitzfindigen Leute könnten Ihnen dann vorrechnen, daß der Golfkrieg in den ersten 40 Stunden mehr Todesopfer gefordert hat, als die innerdeutsche Grenze in 40 Jahren DDR. Man würde womöglich Sie dafür verantwortlich machen, laut nach Bestrafung schreien und sagen, daß die Honecker-Bande ja noch harmlos gegen Sie war.

Stellen Sie sich doch einfach an die Spitze dieser anschwellenden Bewegung! Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür gekommen. Rufen Sie alle deutschen Flugzeuge aus der Türkei zurück! Behaupten Sie einfach, daß Sie schon immer gegen Krieg und für eine friedliche Lösung von Konflikten waren! Dann ist Ihnen ein Platz in den Geschichtsbüchern für immer gewiß.

Ich bin überzeugt, daß Sie das nötige Verständnis für unsere große gemeinsame Sache aufbringen und das Richtige tun werden. Bernd Tauber, Jena

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