: Jede Menge Verpackungsmüll-betr.: "Mißtraut den Bildern", taz vom 22.1.91
betr.: „Mißtraut den Bildern“,
taz vom 22.1.91
Alle, die der Flimmerkiste schon immer mißtraut haben, müßten eigentlich vor Schadenfreude in die Hände klatschen: Die Militärs verpassen der „freien“ Presse einen Maulkorb, und statt die Zähne zu fletschen, stürzen sich die Journalisten schwanzwedelnd auf die Bröckchen, die vom Zensurtisch fallen.
Das Ergebnis ist eine Abenteuershow ohne Zivilisten, ohne Flüchtlinge, ohne Verletzte, ohne Tote. Der erste blutlose Krieg. Jahrzehntelang wurde diskutiert, wieviel Konzentration, Bildung und Sprachvermögen ein Zuschauer braucht, um die Nachrichten zu verstehen. Jetzt wird plötzlich klar, das ganz andere Eigenschaften gefordert sind, um die Wahrheit zu ahnen, die hinter den Bildern steckt: Viel Mißtrauen und noch viel mehr Phantasie.
Die Nachrichtenmacher haben sich in ihrem eigenen Netz verfangen. Kabel und Satelliten — angeblich Garanten für eine freie Berichterstattung aus aller Welt — entpuppen sich als Zollstellen, als leicht zu kontrollierende Engpässe, die es verhindern, daß auch nur ein einziges unzensiertes Bild auf unsere Mattscheibe gelangt.
Prüfen, nachfragen und nachdenken waren früher einmal die Aufgaben der Redakteure. Heute beschränken sie sich auf die Präsentation, die Verpackung. So haben Nachrichtensendungen den gleichen Erfolg wie ein Gang durch den Supermarkt: Jede Menge Verpackungsmüll. Joachim Ronig, West-Berlin
[...] Hiermit fordere ich die Sendeanstalten des deutschen Fernsehens auf, die Hofberichterstattung im Namen der amerikanischen und britischen Militärs, das heißt die Übernahme der Lügen in Form von Bildern und die bewußt eingesetzte Sprache, die Verharmlosung des Geschehens zur Täuschung und „Einlullung“ des Zuschauers, zu boykottieren und schärfstens anzuprangern, da solche „Informationen“ den Bürgern die Unwahrheit sagen und versuchen, die menschlichen und natürlichen Eigenschaften des Menschen, sprich Emotionen, Gefühle, auszuschalten und zu unterdrücken. Stefan Verhöfen, Düsseldorf
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