: „Das war ein leichter Horrortrip“
■ Anklage: Mann hielt Frau gefangen, schlug und bedrohte sie
„Ich schlage Frauen grundsätzlich nicht“, sagt Nebosja Andjelkovic, „aber bei dieser Frau bin ich ausgerastet“. Der Jugoslawe ist angeklagt wegen Körperverletzung in mehreren Fällen, Bombendrohungen und Freiheitsberaubung. Für ihn ist der Fall völlig klar: Seine ehemalige Frau hat ihn fortwährend betrogen, den Nachbarn gegenüber schlecht gemacht und schließlich bei der Polizei erklärt, ihre Ehe stünde nur auf dem Papier, „damit ich abgeschoben werde“. Seit dem Beginn ihrer Beziehung hätten sie sich schon 1000 Mal gestritten. Prügeln gehörte dazu. „Danach haben wir uns dann immer wieder vertragen, und alles war okay.“ Für ihn ist das jedenfalls nichts Besonderes. „Später ging es ihr nur noch um die 4.000 Mark, die ich von der Versicherung bekommen hatte.“ Von Brunhilde A.s Vorwürfen, er habe sie zwei Tage lang in einem Lagerschuppen gefangen gehalten, sie vergewaltigte und gedroht, sie umzubringen, will er nichts wissen. Ausgerastet sei er nur wegen dem Geld und weil sie sein Vertrauen gebrochen habe. Schläge? Ja, aber nur wegen der Wut. Sonst wüßte er von nichts. „Meinen Sie, daß sie mir so viel wert war, daß ich sie umbringen wollte?“, fragt Andjelkovic den Richter.
Als Brunhilde A. von ihrer vierjährigen Ehe berichtet, blickt er zur Seite, ab und zu spielt ein ironisches Lächeln auf seinen Lippen. „Kurz nach der Heirat fing das an mit der Eifersucht“, erzählt sie. „Es war schon krankhaft, mit jedem Mann, den ich angeguckt habe, hatte ich angeblich ein Verhältnis.“ Die ganzen vier Jahre Ehe seien für sie wie Gefängnis gewesen. „Nirgendwo durfte ich hin, ohne Rechenschaft abzulegen. Beim Telefonieren hat er sogar über Lautsprecheranlage mitgehört.“ Und wenn er meinte, sie hätte gelogen, hagelte es Schläge. Ihre innere Abwehr, erzählt sie, sei langsam zu Haß geworden. Aber: „Er wollte sich partout nicht scheiden lassen und hat mir gedroht: Wenn du weg gehst, finde ich dich doch und dann geht es dir schlecht.“ Die Abschiebung sei ihre einzige Hoffnung gewesen, um endlich die Scheidung einzureichen und in Ruhe leben zu können. Als er dann Ende 1989 aus der Abschiebehaft türmte, tat sie aus Angst zunächst so, als wolle sie ihm helfen. Am 2.Dezember suchte sie ihn in seinem Versteck, ein Lagerschuppen in der Walliserstraße, auf, um ihm einen Brief zu übergeben. „Ich dachte, er hätte sich etwas beruhigt.“
Im Schuppen angekommen, so sagt sie aus, entwickelte sich nach kurzer Zeit einer ihrer üblichen Streits. Er hätte sie nicht mehr gehen lassen, sie mit Händen und Füßen geschlagen, vergewaltigt, an den Haaren durchs Zimmer geschleift und gesagt: Hier kommst du nicht mehr lebendig raus. „Er wollte sich rächen, weil ich ihn verpfiffen hatte, bei der Polizei.“ Erst nach zwei Tagen ließ sie Nebosja A. mit „Bewachung“ auf die Straße.
Monika Wessel, eine Arbeitskollegin, hat sie später für eine Woche aufgenommen. „Die Frau hat ständig panische Angst gehabt. Deshalb hat sie auch nicht gegen ihn geklagt“, sagt sie. Blaue, mit Prellungen übersäte Beine hat Monika Wessel des öffteren gesehen. „Als er dann wieder abgehauen ist, ging das ganze Theater von neuem los.“ Ständig hätte er angerufen, weil er wohl gehört hatte, daß sie sich dort versteckt hielt. „Das war ein leichter Horrortrip.“ Obwohl, manchmal habe er ihr auch leid getan, wenn er am Telefon weinte. „Er hatte ja kein Geld und nichts. Ein paar Stunden später drohte er uns dann wieder alles in die Luft zu jagen.“ Birgit Ziegenhagen
Das Verfahren wird am 2. Februar fortgesetzt.
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