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Kunstlicht

■ "Mein Strich ist nicht sehr sauber": Ausgestellt: Alberto Giacometti/Siegmund Schneider/Barbara Pruchnik/Romane Holderried Kaesdorf

Im Zimmer des Dichters, der soeben einen Suizidversuch hinter sich hat und auf dem Bett liegt, springt der Künstler herum, zeichnet den Mann, der nah am Tod war, sein Bett, seine Möbel, legt sich neben ihn aufs Bett, um die Zimmerdecke aus seiner Perspektive skizzieren zu können, arbeitet mit zunehmender Besessenheit. Alberto Giacometti porträtiert seinen Freund Michel Leiris. Eine bisher unbekannte Graphikfolge von 52 Drucken des Meisters mit nämlichen Skizzen zeigt das Gerhard Marcks-Haus. Die Folge wurde erst kürzlich von der A.Giacometti-Stiftung (Zürich) entdeckt. Die Skizzen selbst sind eher unspektakulär, aber das einzige, was das „Bildhauermuseum“ von des Bildhauers Arbeiten auszustellen in der Lage ist. Allein die Versicherung für einige Skulpturen würde das Haus ruinieren. (bis 7.April)

Siegmund Schneider malt Architektur. Seine Perspektive, die von unten, zeigt die Ambivalenz grandioser Immobilien zwischen Beeindruckung und Drohung. Die Objekte seines Interesses sind bekannte Bauten der Architekturgeschichte und eigene Visionen. Expressive Stimmung beziehen Schneiders Bilder aus der kraftvollen Farbigkeit roter Fassaden und grüner Himmel. (“Archipittura“, im Haus am Wasser / Vegesack, Weserpromenade 2, bis zum 3.März)

Vor ihrem Fenster sind Bäume und Buden abgerissen worden. „Mein Fensterausblick, den ich wiederholt gemalt hatte, lag zerkleinert und zerstückelt in großen Containern“. Barbara Pruchnik, Bielefelderin, nunmehr Künstlerin in Hamburg, nennt ihre Ausstellung in der Galerie El Patio „Naturstücke - Innenräume“ und hat damit schon alles gesagt. (Am Dobben 58, bis zum 23.Feb.)

Ungewöhnliche Inszenierungen in der Küche, Merkwürdiges geschieht im Schlafzimmer, Männer und Frauen stehen herum, falsche Dinge drängeln sich am falschen Ort: Die Welt der Romane Holderried Kaesdorf ist ungefügt. Die Bilder sind absurd und aufdringlich. „Mein Strich ist laut und deutlich, nicht sehr säuberlich gezeichnet“, sagt die Künstlerin (Jg.'22), die von '42 bis '44 die Stuttgarter Kunstakademie besuchte und nebenher auch Bücher illustriert. „Es ist alles möglich, und mit der Zeit wird auf eine neue Art alles wieder ganz unauffällig und normal“. (Galerie Ohse, Contrescarpe 36, bis zum 9.März) Bus

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