: Nix kapiert-betr.: "Hausbesetzer fordern gleiches Recht für alle", "akzeptable Verträge", taz vom 29.1.91
betr.: »Hausbesetzer fordern gleiches Recht für alle«, »Akzeptable Verträge«, taz vom 29.1.91
Liebe Plutonia!
Entgegen Eurer Darstellung gibt es doch noch einige »letzte aufrechte Friedrichshainer Häuserkämpfer«, die es noch nicht kapiert haben, und es gibt auch noch einige aufrechte Häuserkämpferinnen, falls Ihr das noch nicht kapiert habt.
Diese BesetzerInnen fühlen sich von den fünf VertreterInnen auf der Pressekonferenz (28.1.) eben nicht vertreten und halten es daher für notwendig, die Lage in Friedrichshain zu differenzieren. Die Mehrheit der BesetzerInnen sehen sich inzwischen genötigt, diese immer noch sehr umstrittenen und von allen für schlecht empfundenen Verträge zu unterschreiben und damit unsere Vorstellungen von selbstbestimmtem Leben aufzugeben.
Diese Kapitulation ist zum einen dadurch zu erklären, daß wir bei den Verantwortlichen — Magistrat/Senat — auf Granit gestoßen sind und zum anderen uns die notwendige Unterstützung durch die Öffentlichkeit, unter anderem den Medien (»die taz berichtete«) fehlte. Auch waren wir, wie Ihr zufällig und ausnahmsweise mal richtig erkannt habt, nie eine geschlossene »Hausbesetzerfront«. Die Forderung nach Rahmenverträgen für alle ist keineswegs utopisch, sondern ohne weiteres möglich und schlicht vernünftig, weil eine Lösung nach dem Modell Prenzelberg (auch dort haben nicht alle Häuser Verträge bekommen!) in Friedrichshain einige Häuser ausschließen wird (man denke an die zahlreichen PrivateigentümerInnen).
Nochmal für die Leute von der taz, die noch nicht kapiert haben, warum man uns nur Einzelverträge geben will: damit Senat und die WBGs ungestört ihre Umstrukturierungspläne für die Hauptstadt Berlin verwirklichen können.
Zwar mag es die Kompetenz der WBGs überschreiten, uns langfristige Nutzungsverträge zu geben, aber gerade deshalb sind Rahmenverträge mit deren Gesellschafter, dem Senat, notwendig.
»Liebe« tazler, Ihr hättet Euch vielleicht öfters nach Friedrichshain begeben sollen — nicht nur, um um »Euren« blöden Tisch zu betteln, sondern um Euch auch mal mit unseren Forderungen auseinanderzusetzen.
Wir danken Eurer Boulevardzeitung für den konsequenten Insider-Sensationsjournalismus live aus der Axel-Cäsar-Springer-Straße. Euer Häuserkämpfer
Erwin Hain und Eure Häuserkämpferin
Anne Friedel als VertreterInnen einiger
HäuserkämpferInnen, Ost-Berlin
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen