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„Operation Wüstensturm“ wird teuerster Krieg aller Zeiten

92 Milliarden Dollar hat das Verteidigungsministerium der USA errechnet/ Unabhängige Experten befürchten noch höhere Kosten des Golfkrieges  ■ Von Andreas Zumach

Washington (taz) — Der Golfkrieg dürfte der bislang teuerste Krieg der Geschichte werden. Das läßt sich bereits zwei Wochen nach Beginn der Luftangriffe auf den Irak aus den Zahlen vom Pentagon und dem Haushaltsbüro des Kongresses ersehen. Im US-Verteidigungshaushalt ist nachzulesen, wieviel der Truppenaufmarsch am Golf, die „Operation Wüstenschild“, bereits gekostet hat. Außerdem gibt es aus dem Pentagon und dem Haushaltsbüro des Kongresses Kalkulationen darüber, wieviel jetzt die sogenannte heiße Phase der „Operation Wüstensturm“ je nach Dauer und Szenario kosten wird.

Zu den Gesamtkosten des Krieges ist allerdings zusätzlich noch eine Reihe von Ausgaben zu zählen, über die es bislang noch keine Schätzungen gibt. Dazu gehören:

—die Kosten der 27 alliierten Staaten, die sich am Golfkrieg beteiligen;

—die Kosten, die entstehen, wenn über das Ende des heißen Krieges hinaus Truppen der USA und ihrer Verbündeten am Golf stationiert bleiben;

—die Langzeitkosten, die für die Versorgung von Kriegsversehrten und Hinterbliebenen gefallener Soldaten entstehen;

—die Kosten für die Beseitigung der Umweltschäden durch das Öl, das in den Persischen Golf ausgeflossen ist;

—und schließlich die Kriegsausgaben auf irakischer Seite.

Für die Stationierung der ersten US-Truppen nach der irakischen Invasion in Kuwait am 2. August bis zum Ende des vergangenen Jahres hat das Verteidigungsministerium der USA rund zehn Milliarden Dollar veranschlagt. 5,8 Milliarden davon sind bis zum Ende des Jahres von den alliierten Staaten durch Direktzahlungen oder Sachleistungen übernommen worden. Dem Pentagon liegen Zusagen für die Übernahme weiterer zwei Milliarden Dollar vor.

Für das Haushaltsjahr 1991, das am 1. Oktober 1990 begann und bis zum 30. September 1991 dauert, haben Pentagon und Haushaltsbüro des Kongresses verschiedene Szenarien zugrunde gelegt. Die jüngsten Zahlen, die der taz vorliegen, stammen vom 25. Januar.

Der angenommene günstigste Fall geht von folgenden Annahmen aus: Der heiße Kreig dauert nur „wenige Wochen“; es kommt zu einem sehr begrenzten Bodenkrieg; der Verbrauch an Munition, Bomben und Raketen, die Zerstörung von Flugzeugen, Panzern oder Schiffen sind relativ gering; die Zahl umgekommener und verwundeter US-GIs liegt bei rund 3.000. Für diesen Fall werden die Kosten im laufenden Haushaltsjahr auf 17 Milliarden Dollar geschätzt. Für das Haushaltsjahr 1992 werden nach diesem Szenario Ausgaben für den Ersatz von Waffen in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar veranschlagt, fünf Milliarden für Bomben, Munition und Raketen.

Darüber hinaus wurden für die Haushaltsjahre 1991 und 1992 für die medizinische Versorgung, den Abzug oder die Verringerung der Golftruppen 1,5 Milliarden Dollar eingeplant. Für die beiden Jahre ergibt dies eine Gesamtsumme von 29,5 Milliarden Dollar. Dabei sind in der Personalkostenplanung ausschließlich die Gefahrenzulagen und andere Extraausgaben aufgeführt, nicht jedoch die Sold- und Gehaltszahlungen, die ohnehin angefallen wären, wenn die inzwischen 491.000 an den Golf verlegten US- SoldatInnen an ihren Stationierungsorten zu Hause oder im Ausland geblieben wären.

Die Entwicklung des Golfkriegs scheint jedoch immer mehr auf das worst-case-Szenario, den schlimmsten Fall, hinauszulaufen, den das Pentagon kalkuliert hat. Danach dauern die militärischen Auseinandersetzungen bis zum Juni dieses Jahres; es kommt zu umfangreichen Gefechten zwischen Bodentruppen; die Zerstörung von Waffen und der Verbrauch von Raketen, Bomben und Munition sind sehr hoch.

Letzteres hat sich bereits seit dem ersten Kriegstag gezeigt: Bei durchschnittlich 2.000 Lufteinsätzen pro Tag werden die Bomben und Raketen zu 80 Prozent auch abgeschossen. Nach dem schlimmsten angenommmenen Fall werden bis zu 45.000 US- SoldatInnen getötet oder verwundet. Für das Haushaltsjahr 1991 rechnet das Pentagon in diesem Fall mit 35 Milliarden Dollar.

Die Wiederbeschaffung von Waffen ist für das Haushaltsjahr 1992 mit 44,8 Milliarden Dollar kalkuliert. Davon wiederum wären dann 17 Milliarden für Munition, Bomben und Raketen vorgesehen. Die Kosten für die medizinische Versorgung der SoldatInnen und den Truppenabzug wurden auf sechs Milliarden veranschlagt.

Ingesamt also beläuft sich die Kostenrechnung der zuständigen Regierungsstellen für den Fall eines rund sechsmonatigen Krieges auf 92 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Während des siebenjährige Vietnamkrieges wurden rund 600 Milliarden Dollar ausgegeben. Experten aus der kritischen Kriegs- und Friedensforschung der USA halten diese Kalkulation von 92 Milliarden Dollar für den Golfkrieg bereits jetzt für überholt und gehen von weit höheren Kosten aus. Denn auch im worst- case-Szenario fehlt die jüngste Verlegung zusätzlicher US-Truppen an den Golf. Und für die beabsichtigte weitere Aufstockung der Golftruppen auf 500.000 GIs — eine Zahl, die im Vietnamkrieg erst nach drei Jahren erreicht worden war — liegt ebenfalls noch keine Finanzierungsplanung vor.

Von den kalkulierten 92 Milliarden haben die Verbündeten der USA — zusätzlich zu den bei ihnen selbst anfallenden Ausgaben — bis zum Dienstag die Übernahme von zusammen 45 Milliarden Dollar zugesagt, so Präsident Bush in seiner state-of- the-union-Rede, und zwar in Form von direkten Zahlungen in Washingtons Kriegskasse und Waffenhilfe, Sachleistungen oder logistischer Unterstützung.

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