„Auch Israel wird verlieren“

■ Der iranische Exil-Journalist Bahman Nirumand über den Golf-Krieg

„Die USA und ihre Verbündeten können den Golfkrieg militärisch gewinnen, politisch aber werden sie ihn verlieren.“ Vor 150 ZuhöherInnen hielt der iranische Nahost-Experte Bahman Nirumand in dieser Woche im Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis einen Vortrag über die Hintergründe und voraussichtlichen Auswirkungen des Krieges am Golf.

Nirumand lebt seit 1952 mit Unterbrechungen in der Bundesrepublik und ist spätestens seit der StudentInnen-Bewegung am Ende der 60er Jahre als Oppositioneller gegen den Schah von Persien und seinen Nachfolger Chomeini bekannt. Drei Wochen nach dem irakischen Überfall auf Kuwait veröffentlichte er sein Buch „Sturm am Golf — Die Irak- Krise und das Pulverfaß Nahost“.

Politisch verlieren werden die USA den Golfkrieg schon alleine deshalb, so Nirumand, weil die Interessenunterschiede mit Israel hinterher deutlicher zu Tage treten werden als vorher. Hatten die USA schon vor dem Krieg im Gegensatz zu Israel Kontakte mit der Palästinensischen Befreiungsbewegung PLO aufgenommen, so werden sie nach dem Krieg noch weitere Zugeständnisse an die arabischen Staaten machen müssen. Als Gegenleistung für die Stationierung von 500.000 US- Soldaten sind umfangreiche Waffenlieferungen zum Beispiel an Saudi-Arabien fällig, so Nirumand. Das aber wird Israel ganz und gar nicht gefallen. Nirumands Schlußfolgerung: „Auch Israel wird zu den politischen Verlierern des Krieges gehören.“

Eine weitere These des Exil- Journalisten: ein kriegsverhindernder Kompromiß zwischen den USA und dem Irak wäre möglich und gerechtfertigt gewesen. Das hätte bedeutet, die vom Irak — in zugegebenermaßen demagogischer Absicht — geforderte Nahost-Friedenskonferenz einzuberufen. Das hätte aber auch bedeuten können, dem Irak finanziell unter die Arme zu greifen. Denn der irakische Angriff auf Kuwait hatte auch wirtschaftliche Gründe.

Diese Argumente sollten nicht mißverstanden werden: Nirumand gab sich nicht irak-freundlich, sondern analysierte in alle Richtungen. Scharf geißelte er den irakischen Überfall als „Kolonialismus“, beschrieb Hussein als einen, der sich zum Führer am Golf in der Nachfolge des Schahs von Persien aufspielt und kritisierte Husseins „Heiligen Krieg der Araber“ als religiöse Demagogie.

„Die Waffenproduzenten in den westlichen Industrieländern lachen sich jetzt ins Fäustchen“, blickte Nirumand in die Zukunft, „der Krieg ist für sie ein Geschenk des Himmels.“ Die Rüstungslobby gehe davon aus, in nächster Zeit „unbegrenzt produzieren zu können“. Ganz im Gegensatz zur Friedensbewegung, die meint, daß mit den Rüstungsexporten bald Schluß sein müsse. Nirumand meint, daß die Rüstungskonzerne ihre Ideologie modernisieren: die Abschreckungslogik werde jetzt vom Ost- West- auf den Nord-Süd-Konflikt übertragen. Gegen hochgerüstete Drittweltländer seien auf der ganzen Welt Abschreckung und Waffenexporte notwendig, so die neue Linie der Waffenlobby. Hannes Koch