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Verfrühte Euphorie

■ In Südafrika fallen die Säulen der Apartheid — doch wer räumt die Ruinen? KOMMENTARE

In einem Land, das seit dem 9. November 1989 auf historische Momente abonniert ist, fällt es schwer, die Rede des südafrikanischen Präsidenten auf ihre wirkliche Dimension zurückzustutzen. Bei aller Freude über die versprochene Abschaffung der Apartheidgesetze wird leicht übersehen: Noch immer hängt die Beteiligung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit und ihrer Organisationen am politischen Prozeß von der Großmütigkeit der weißen Regierung ab.

Was bezweckt Frederik de Klerk? Südafrikas Präsident schafft Apartheidgesetze ab und erntet damit die Wut der Privilegierten. Die neuen Freiheiten der Schwarzen, ihren Wohnort frei zu wählen und Land zu kaufen, vergrößern außerdem das Konfliktpotential in Südafrika, anstatt es zu verringern. Denn die Annahme ist weltfremd, eine auf Autoritarismus beruhende politische Macht könnte mittels Gesetzesänderungen eine autoritäre Gesellschaft demokratisieren. Wer unter den Schwarzen in der Lage ist, in weißen Gebieten zu wohnen — und die meisten sind es nicht — wird sich der weißen Intoleranz und einem neuen, „kleinen“, kriminellen statt politischen Rassismus ausgesetzt sehen. Er kann dann versuchen, vor der weißen Polizei und der weißen Gerichtsbarkeit seine Rechte einzuklagen. Doch er gehört noch zu den Privilegierten. Für diejenigen Schwarzen, die nicht über die nötigen Flexibilitäten und finanziellen Möglichkeiten verfügen, um der Trostlosigkeit der Ghettos zu entgehen, ändert sich erst einmal nichts — außer der Wahrnehmung ihrer Situation: Sie können jetzt nicht mehr einfach „die Apartheid“ für ihre Misere verantwortlich machen, sondern werden ihre Gegner genauer auswählen, benennen und bekämpfen.

Eine solche Politik läßt sich nur als Versuch der Regierung interpretieren, die gesellschaftlichen Konflikte des Landes zu privatisieren, um sich politisch zu entlasten. Südafrika ist von einer Unfähigkeit zum Kompromiß gekennzeichnet, vom Hang, gesellschaftliche Konflikte autoritär durch die Verhängung einer Rechtsungleichheit zwischen den Konfliktparteien zu lösen.

Die „Säulen der Apartheid“ mögen fallen — die dadurch entstehenden Ruinen werden dem Spiel der freien Markt- und Selbstbehauptungskräfte überlassen. Schon heute liegt Südafrika in Sachen Gewaltkriminalität mit an der Weltspitze. Solange die weißen Machthaber nicht einem politischen System den Weg freimachen, in dem die Konflikte des Landes politisch ausgetragen werden können, ist jede Südafrika-Euphorie verfrüht. Dominic Johnson

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