piwik no script img

Unerwartetes Schlafwagen-Comeback

■ Nicht nur in der 1. Klasse, sondern auch in den Buchungen für Nachtzüge macht sich der Golfkrieg bemerkbar/ Die Bundesbahn hat zahlreiche Betten angehängt

Frankfurt (ap/taz) — Wegen zunehmender Nachfrage von Geschäftsreisenden hat die Deutsche Bundesbahn seit Beginn des Golfkrieges zahlreiche Schlafwagenzüge verstärken müssen. Das erklärte Bundesbahnsprecher Fridolin Schell am Montag in Frankfurt auf Anfrage. Die Tendenz zum Umsteigen vom Flugzeug auf den Zug mache sich nicht nur in der 1. Klasse der Intercity-Züge, sondern auch in zahlreichen Nachtzügen bemerkbar. Der Schlafwagenverkehr hatte wegen immer schnellerer und zahlreicherer Verbindungen frühmorgens und spätabends an Attraktivität verloren, und Fachleute hatten diesen Zügen das endgültige Aus bei der Inbetriebnahme eines europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes in wenigen Jahren vorausgesagt. Schell nannte jetzt als besonders gefragte Verbindungen die Strecken von Frankfurt nach Paris und Berlin sowie Hamburg-Stockholm.

Der Sprecher sagte, die Bahn habe keine Zahlen über den genauen Fahrgastzuwachs auf ihrem Netz seit den verstärkten Terrordrohungen. Er machte folgende Rechnung auf: „Die Lufthansa hat im innerdeutschen Verkehr rund 25.000 bis 30.000 Fluggäste pro Tag. Wenn, wie die Fluglinie angibt, gut 30 Prozent davon nicht mehr fliegen, und von diesen wiederum 25 Prozent auf die Bahn umsteigen, dann sind das rein statistisch pro Intercity-Zug zehn Personen mehr als bisher.“ Das sei aber eine rein mathematische Berechnung. Besonders stark ausgelastet seien die Züge freitags und sonntags nachmittags sowie montags vormittags. Züge von München nach Norden seien um Erste- Klasse-Wagen ergänzt worden. Schell berichtete von vielen kurzfristigen Buchungen. Das sei „ein deutliches Zeichen dafür, daß es Umsteiger sind“. Er empfahl dringend die Platzbuchung für die erste Klasse im Intercity. Als Hauptgrund gilt allerdings nicht die Furcht vor Anschlägen auf Flugzeuge, sondern die langwierigen Sicherheitsvorkehrungen, die jetzt den Geschwindigkeitsvorteil der Kurzflugstrecken aufgehoben haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen