piwik no script img

Zu Besuch im Land der Gasmasken

■ Delegation mit ParlamentarierInnen war eineinhalb Tage in Israel / „Das war kein Tourismus“

Als Vorsorge gegen Giftgas-Angriffe liegen kleine Kinder in Plastikschutzkabinen, von außen wird gefilterte Luft hereingepumpt. An der Wand hängen Atropinspritzen. Wer in den Kindergärten, schon etwas größer ist, hat eine eigene Kinder-Gasmaske bereitliegen.

„Gasmaske“ und „Gas“ — wenn die Mitglieder der bremischen Israel-Delegation von ihrem eineinhalb-tägigen Kurzbesuch in Haifa erzählen, sind das die prägendsten Eindrücke. Konrad Kunick, Hafensenator: „Der schwerste Schaden für die Israelis sind nicht die Zerstörungen durch die irakischen Raketen. Der schwerste Schaden ist, das wurde uns immer wieder gesagt: –Daß diejenigen, die uns die Gaskammern angetan haben, den Irak mit Gas beliefert haben.'“ Sven Parssen, Deutsch-Israelische Gesellschaft: „Der Bürgermeister von Haifa, Ari Gorel, sagte uns: 'Daß es verdammt nochmal deutsches Gas ist, was uns bedroht, daß macht uns verrückt.'“ Bürgerschaftspräsident Klink rief BremerInnen mit Kontakten nach Israel dazu auf, in Israel anzurufen: „Die Stimmung ist so gedrückt. Einige haben deshalb sogar die Telefongespräche mit Deutschen aufgezeichnet und mehrmals täglich abgehört, um sich zu stärken“. Klink weiter: „Die Menschen fragen sich, wie die deutschen Lieferungen möglich sein konnten: Es ist Schlampigkeit gewesen, aber gerade die Schlampigkeit nimmt uns der Jude nicht ab. Der Deutsche gilt als besonders effektiv.“

„Um sich nicht mit Telefonieren zu begnügen, sondern um selbst hinzufahren“ hatten sich, so Bürgerschaftspräsident Dieter Klink, sieben BremerInnen mit einer „El-Al“-Maschine auf den Weg in die Partnerstadt gemacht. Die bremische Delegation war von der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ zusammengestellt und „vom Rathaus“ bezahlt worden. Mit dabei waren der Hafensenator, der Bürgerschaftspräsident, ein Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und vier ParteienvertreterInnen von grün bis CDU.

Sven Parsser („Deutsch-Israelische Gesellschaft“) ist Jude und — obzwar mit holländischem Paß — Bremer und „fast ein Deutscher.“ „Schwierig“ sei das für ihn gewesen mit dieser jüdisch- deutschen Identität in Israel gewesen zu sein. Als er etwa sein deutsches Geld in Schekel habe umtauschen wollen, sei ihm die anti-deutsche Aggressivität der Bankangestellten entgegengeschlagen. Andererseits lebte ein Großteil seiner Verwandtschaft in Haifa.

Bürgerschaftspräsident Klink über den Eindruck, den der Besuch bei den israelischen Gastgebern hinterlassen hat: „Dankbarkeit, daß man sich persönlich zeigte in Zeiten der Gefahr — das war kein Tourismus.“

Irmgard Jahnke (Grüne): „Es ist nicht der Zeitpunkt, großartige politische Diskussionen zu führen. Die Leute sind damit beschäftigt ihren Alltag zu organisieren, sich gegen einen Giftgasangriff zu schützen. Ich habe mehr zugehört, als das ich Positionen vertreten habe.“ Die Patriot-Abwehrraketen habe sie als großen Schutz empfunden. Sie könne nur noch den Kopf darüber schütteln, daß die Grünen über deutsche Patriot-Lieferungen uneins gewesen seinen.“ bd

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen