piwik no script img

Auf Tegel wird weiter gedrängelt

■ Flughafengesellschaft verzeichnet explosionsartige Zuwächse/ Acht Millionen DM Jahresüberschuß/ Turboprops nach Tegel, oder es wird eng/ Großflughafen im nächsten Jahrtausend

Berlin. Berlins Fluggäste müssen auch in der nächsten Feriensaison mit erheblichen Problemen auf dem Flughafen Tegel rechnen. Wie die Geschäftsführer der Berliner Flughafengesellschaft gestern erklärten, wird ein Behelfserweiterungsbau für eine zusätzliche Kapazität von drei Millionen Passagieren erst zum Sommerflugplan 1992 fertig. »Wenn es nicht gelingt, die 15.000 Turboprop-Starts und -Landungen in Tempelhof abzufertigen, wird in Tegel der Flugverkehr nicht reibungslos abgewickelt werden können«, sagte Geschäftsführer Henne auf der Bilanzpressekonferenz.

Der von der Vereinigung Deutschlands verursachte explosionsartige Zuwachs im Berliner Flugverkehr bescherte der Gesellschaft 1990 einen Jahresüberschuß von acht Millionen Mark. Die Flughafengesellschaft fertigte im vergangenen Jahr 6,7 Millionen Passagiere ab, knapp 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Flugbewegungen — Starts und Landungen — stieg um 7,3 Prozent auf 106.000. Mit über 15.000 Tonnen stieg das Luftfrachtaufkommen um über zehn Prozent.

Während das Aufkommen im innerdeutschen Kurzstreckenverkehr etwa nach Hannover, Hamburg oder Nürnberg rückläufig war, verzeichnete die Flughafengesellschaft auf längeren Strecken zweistellige Zuwachsraten, beispielsweise 25 Prozent nach Köln. Der Anteil der Auslandsflugverbindungen stieg um knapp 45 Prozent.

Für 1991 rechnet Geschäftsführer Henne mit zehn Millionen Passagieren allein auf Tegel und Tempelhof. Um die Überkapazität aufzufangen, sollen bis April 1992 auf einem Parkplatz ein Behelfsabfertigungsgebäude für drei Millionen Passagiere sowie acht bis zehn neue Flugzeugstandplätze entstehen. Um die zusätzliche Luftfracht lagern zu können, sollen sogar Zelte aufgestellt werden. Der Kurzstreckenverkehr, der vor allem mit Turboprop-Flugzeugen bedient wird, soll ganz nach Tempelhof verlagert werden. Für die Erweiterungsmaßnahmen werden Kosten von 70 Millionen Mark veranschlagt.

Eine Aufteilung des Flugverkehrs zwischen Tegel, Tempelhof und Berlin-Schönefeld ist nach Darstellung der Geschäftsleitung nicht möglich. Außerdem müsse Schönefeld »möglichst schnell westlichen Standard« erreichen, sonst würden die Fluggesellschaften diesen Flughafen nicht anfliegen. Eine Holding-Gesellschaft für alle drei Flughäfen sei im Gespräch. Schönefeld wird zur Zeit noch von der Treuhand geführt. Die Berliner Flughafengesellschaft gehört zu 52 Prozent dem Land Berlin und zu 48 Prozent dem Bund. Langfristig wird von allen Beteiligten für Gesamt-Berlin ein Großflughafen ins Auge gefaßt. Allerdings sei mit seiner Fertigstellung nicht vor dem Jahr 2007 zu rechnen, mutmaßen die Geschäftsführer. ap

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen