: Auch im Interesse der USA-betr.: Vorwurf des Antiamerikanismus
betr.: Vorwurf des Antiamerikanismus
In den letzten Tagen ist aus Regierungskreisen der Vorwurf laut geworden, die derzeit laufenden Proteste gegen den Golfkrieg seien politisch einseitig und vor allem antiamerikanisch. Gewiß sollte man nicht vergessen, daß Saddam Hussein der Aggressor am Golf ist und der Krieg letztendlich auf sein Konto zurückzuführen ist. Es ist jedoch wichtig, daß man hier in erster Linie von Saddam Hussein spricht und nicht pauschal vom irakischen Volk, das unter diesem Diktator, auch wenn es in ihm einen Verfechter arabischer Stärke sieht, keine rechte Wahl hat.
Ebenso macht man sich einer gefährlichen Verallgemeinerung schuldig, wenn man Demonstrationen für den Frieden als antiamerikanisch auslegt. Ich will nicht leugnen, daß einzelne Demonstranten in den USA die Wurzel allen Übels sehen. Hier muß man aber auch zwischen amerikanischer Regierung und amerikanischem Volk unterscheiden. Die Proteste richten sich hauptsächlich gegen die internationale Streitmacht, die in letzter Instanz von George Bush geleitet wird. Daß diese Proteste neben Briten, Franzosen und Italienern auch Amerikaner treffen, ist kaum antiamerikanisch. Genauso unsinnig wäre es, die Proteste gegen einen Einsatz deutscher Truppen als undeutsch zu bezeichnen. Genauso sollte man sich als Deutsche/r zwar politisch, aber nicht persönlich angesprochen fühlen, wenn Stimmen in Israel laut werden, die sich angesichts der Waffenlieferungen deutscher Firmen gegen die Deutschen richten. Sonst unterstützt man Verallgemeinerungen und Klischeebilder, die zu einer Polarisierung der Fronten und erst recht zu einem Krieg führen.
Im nachhinein gesehen, hätte man zugegebenermaßen schon im August auf die Straße gehen müssen, als Saddam Hussein Kuwait überfallen hat. Daß man aber erst jetzt anfängt zu demonstrieren, soll nicht heißen, daß es einem um so weniger um den Frieden geht. Solche Demonstrationen muß man eher als Selbstkritik verstehen, ohne die keine Demokratie lange bestehen kann. Selbstkritik auch deswegen, weil man in Zukunft verhindern will, daß Waffen aus dem eigenen Land in den Händen des Diktators landen beziehungsweise überhaupt hergestellt werden. Daß auch solche Selbstkritik die USA trifft, ist alles andere als antiamerikanisch. Ich will nicht, daß neben vielen anderen Menschen auch US-Soldaten sterben müssen. Ich will nicht, daß ein Land, wo das Recht auf Pressefreiheit in der Verfassung verankert ist, eine Zensur im Kriegsfall für gerechtfertigt hält. Ich will vor allem nicht, daß die USA einen Krieg führen, der den Nahen Osten erst recht instabil macht, zur Verunsicherung amerikanischer Bürger in aller Welt führt und dessen Folgen für Amerika und den Rest der Welt auf Jahre unabsehbar sind. Das tue ich auch im Interesse der USA. Ich bin schließlich selber Amerikaner. Glenn Ehrstine, Freiburg
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