: Standbild: Holzaugengezwinker-Inszenierung
■ "Mauritius-Los", Mi., 6.2., ARD, 20.15 Uhr
Drehbuchautor Klaus Pohl ist fasziniert vom Thema Geld und von der kriminellen Eleganz, mit der es in großem Stil verschoben wird. Die Regisseurin Vivian Naefe ist fasziniert vom Komödiantischen und von skurril verwickelten Situationen. Jeder für sich, Klaus Pohl mit dem Milliardenspiel und Vivian Naefe mit Pizzaexpreß, hat schon bewiesen, daß sich aus solchen Obsessionen attraktive Fernsehunterhaltung machen läßt.
Mit dem Mauritius-Los aber haben sie bewiesen, daß die Verbindung beider Obsessionen nicht etwa zum Höhenflug, sondern zum plumpen Absturz führt. An wem es liegt, ist nicht mehr auszumachen: Pohl schlägt Naefe mit Kalauer-Dialogen — Naefe schlägt Pohl mit Holzaugengezwinker-Inszenierung. Und die Schauspieler geben ihr Allerletztes, um aus dem Fernsehfilm einen Komödienstadl der Finanz-Halbwelt zu machen.
Friedrich von Thun: Auch du rettest den Flop nicht mehr. Als Buchhalter und „frustrierter Ärmelschoner“ bucht er in firmenschädigender Absicht 2,3 Millionen aufs Konto eines Unbekannten, der uns dann aber leider sehr bekannt wird: Fiete „Hansen im Glück“ heißt der brave Tor, der dieses Geld nicht wieder los wird und seine ehrliche Haut in angestrengt-blöde Dackelfalten legt. Traurig zu sehen, wie Friedrich von Thun, der so herrlich elegante Trottel spielen kann, genötigt wird, sein Können mit demonstrativem Befingern eines angeklebten Bartes zu verplempern; wie Walter Kreye, ehemals zynisch-verschlampter „Piwi“ in der Reporter-Serie, als „Baron von Gsovsky“ in einem Vakuum von dramaturgischer Anforderung verschlissen wird. Und Nicole Heesters als Fietes schrille „Olga-Muttel“, die geldgierig sofort beginnt, die Millionen zu verpulvern: Sie spielt, als hätte sie bei einem Ferien-Workshop in der Toskana das Darstellen erlernt.
Warum Mauritius-Los? Ganz einfach kompliziert: Dem Glückspilz Hansen wird weisgemacht, er habe die Millionen plus einer Reise nach Mauritius gewonnen. Und weil die Idee so verwirrend überflüssig ist und weil der WDR nicht weiß, wohin mit seinem Geld, fliegt eben das ganze Team ins Tropische, um dort im Großgeblümten, im weißen Anzug und zwischen radebrechenden Eingeborenen die Pohlschen Dialoge aufzusagen: „Das Leben ist äußerlich, hat dein Vater immer gesagt“, belehrt das Drink-nippende Olga-Muttel den Fiete-Sohn. Und Helen Schneider, die Sängerin mit Schauspielambitionen, läßt ihre Lippen in unverhohlen sinnlicher Absicht um zweiunddreißig Zähne kreisen, bis endlich ein Satz zum Vorschein kommt. Ja, das ist Komödie wie sie kreißt und klebt. Sybille Simon-Zülch
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