: Rafsandschani: Iraks Antwort enttäuschend
■ Bagdad erteilt Friedensplänen kategorische Absage/ Teheran will Bemühungen fortsetzen/ Gorbatschow entsendet Primakow in den Irak
Bagdad/Moskau (afp/taz) — Der Irak hat den iranischen Friedensvorschlägen am Wochenende eine klare Absage erteilt. Die sowjetische Führung unternahm unterdessen einen neuen Vorstoß und schickte den Nahost-Experten Primakow nach Bagdad. Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte, US-Präsident George Bush habe keine Einwände gegen die Entsendung eines sowjetischen Vertreters.
Der Irak lehnte unterdessen Verhandlungen über einen Waffenstillstand ab. Man sei „unwiderruflich“ entschlossen, die „Aggression“ der Alliierten zurückzuschlagen, berichtete Radio Bagdad. Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Hammadi rief die arabischen Staaten außerdem zu einem diplomatischen und wirtschaftlichen Boykott der antiirakischen Koalition auf.
Hammadi überbrachte am Samstag der iranischen Führung eine offizielle Anwort auf den jüngsten iranischen Friedensvorschlag, in der er nach eigenen Angaben die Notwendigkeit betonte, die „moslemische Front“ gegen die „Front der Ungläubigen und Atheisten“ zu einen. Aus Protest gegen die „Aggression“ der Alliierten sollten die arabischen Staaten jeden Kontakt mit den an den Kämpfen gegen den Irak beteiligten Staaten abbrechen, sagte Hammadi in Amman. Schließlich forderte er die arabischen Staaten auf, die UN- Resolutionen kategorisch abzulehnen. Diese dienten den USA lediglich dazu, ihre „Aggression gegen den Irak und die irakische Nation“ zu bemänteln.
Der iranische Staatschef Haschemi Rafsandschani äußerte sich am Sonntag enttäuscht über die Antwort Saddam Husseins. Wie von diplomatischer Seite in Teheran zu erfahren war, sagte Rafsandschani, die Antwort habe nicht die iranischen Erwartungen erfüllt. Trotz der ablehnenden Haltung des irakischen Staatschefs Saddam Hussein will er seine Vermittlungsbemühungen im Golfkrieg jedoch weiter fortsetzen.
„Ich bin davon überzeugt, daß auch ein teilweiser Rückzug der irakischen Besatzungstruppen aus Kuwait einen Waffenstillstand auslösen könnte und damit den Beginn einer politischen Lösung“, sagte Rafsandschani in einem Telefonat mit dem italienischen Ministerpräsidenten Andreotti. Er wertete nach Angaben eines italienischen Regierungssprechers die Antwort Saddam Husseins auf seinen Vorschlag als „allgemein, schlechter als erwartet, aber keinesfalls völlig enttäuschend“. Andreotti forderte Staatschef Rafsandschani auf, seine Bemühungen um eine friedliche Lösung des Golfkonflikts fortzusetzen.
Der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow forderte unterdessen Saddam Hussein auf, „Realismus zu zeigen“. Gorbatschow betonte die grundsätzliche Treue der Sowjetunion zu den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, äußerte aber gleichzeitig die Furcht, die „Logik des Krieges“ könne zu einer Überschreitung des von der UNO ausgesprochenen Mandates führen. Gorbatschow wandte sich auch gegen „Provokationen“, deren Ziel eine Ausweitung des Krieges auf den israelisch-arabischen Konflikt sei. Der sowjetische Präsident warnte Saddam Hussein, Länder wie Kuwait, der Irak und vielleicht auch andere seien von einer katastrophalen Zerstörung bedroht.
Beratungen mit Befehlshabern am Golf
Riad/Bagdad(ap) — Ungeachtet ihrer am Wochenende fortgesetzten Luftangriffe und eines weiteren irakischen Raketenschlags auf Israel werden die Alliierten in den nächsten Tagen offenbar noch nicht ihre Bodenoffensive beginnen. Nach achtstündigen Beratungen mit den Befehlshabern der verbündeten Streitkräfte am Golf sagte US-Verteidigungsminister Cheney am Sonntag in Riad, der Beginn des Vormarschs werde von Präsident Bush festgesetzt.
Aus Militärkreisen in Saudi-Arabien verlautete, die amerikanische Luftwaffe wolle ihr Bombardement mindestens noch zwei Wochen lang fortsetzen. Unterdessen mehrten sich Hinweise auf zunehmende Spannungen zwischen Moskau und Washington in der Beurteilung des Golfkriegs.
Cheney sagte, er sei „beeindruckt von der gewaltigen Größe“ der irakischen Militärmaschinerie. Zwar sei „der Krieg bisher außerordentlich gut“ verlaufen. Die Verbündeten würden die irakische Armee aber nicht unterschätzen. Am 25. Kriegstag nannte Cheney als Zwischenergebnis, daß die irakische Luftwaffe offenbar kaum noch wirksam, die Marine praktisch nicht mehr existent und das Heer inzwischen vermutlich nicht mehr das viertgrößte der Welt sei wie noch vor dem Dauerbombardement. Auch die Republikanergarde, die irakische Elitetruppe, sei geschwächt worden.
Der Verteidigungsminister, der am Sonntag vormittag in Begleitung von Generalstabschef Powell den Heimflug antrat und am Montag Präsident Bush unterrichten will, wandte sich strikt gegen einen Waffenstillstand im Golfkrieg. Damit würde „nichts erreicht“. Der Krieg werde fortgesetzt, bis die Iraker aus Kuwait vertrieben seien.
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