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"Mein tägliches Gruseln..."-betr.: "Gratwanderung der Biotechnologoe", taz vom 6.2.91

betr.: „Gratwanderung der Biotechnologie“, taz vom 6.2.91

[...] Euer Artikel zur Dechema-Tagung hat mir nicht wegen des Themas, sondern wegen der undifferenzierten Art der Berichterstattung zu meinem täglichen Gruseln verholfen.

Hier wurde zum großen Teil wörtlich, meistens ohne Konjunktiv oder Anführungszeichen, die Rede und Meinung eines Förderers von Bio- und Gentechnologie wiedergegeben. Aussagen wie „Eine Sanierung (der Umwelt in den neuen Bundesländern) ist ohne Biotechnologie nicht denkbar“ bleiben völlig unkommentiert stehen und werden in weiteren Ausführungen scheinbar bestätigt. Abgesehen davon, daß diese Aussage falsch ist, weil Sanierungen von zum Beispiel Böden und Seen durchaus schon ohne Biotechnologie erfolgreich durchgeführt wurden, wird kein Wort dazu verloren, daß eine „Reinigung“ von verseuchten Böden oder Ölteppichen mit bio- oder gentechnisch veränderten Organismen andere Umweltschäden in noch ungeahnten Ausmaßen verursachen können. Dem Artikel nach werden „Schäden“ aber durch politisch und öffentlich geführte Diskussionen über Bio- und Gentechnologie verursacht, nicht etwa durch die Techniken und die von ihnen möglicherweise ausgehenden Gefahren. Nicht politisch solle diskutiert werden, sondern am Thema, heißt es am Ende des Artikels. Wenn heute noch jemand meint, über Hochtechnisierung und hier insbesondere Gentechnologie könne in unserer Welt „wertfrei“ und rein fachlich diskutiert werden, der verkennt, daß auch Bio- und Gentechnologie sich in einem sozialen, kulturellen und politischen Umfeld entwickeln und dorthinein freigesetzt werden und daher nur im entsprechenden gesellschaftlichen Kontext behandelt werden können. Es kann ja wohl nicht angehen, daß wichtige und sehr weitreichende Entscheidungen von einem kleinen Insiderkreis getroffen werden — aber das Risiko und die Zeche zahlen dürfen wir alle?! [...] Sabine Ritter, Mitarbeiterin im Gen-ethischen Netzwerk

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