piwik no script img

Nicht nur doofe Erwachsenenfilme

■ Eine Vorschau auf das 14.KinderFilmfest bei der Berlinale

Nun ist es mal wieder soweit, die 41.Filmfestspiele Berlin überrollen die Stadt. Kinopaläste und Filmtheater werden bunt dekoriert, Plakate an alle Straßen und Ecken geklebt. Programmhefte liegen schon überall aus und die Eintrittskarten sind druckfrisch an den Vorverkaufskassen zu haben. Berlin im Filmfieber '91. Auch ein riesiges Heer an Journalisten reist an, um von überall dort zu berichten, wo sich Stars und Sternchen treffen werden oder über die neuesten Filmproduktionen zu schreiben (da wird immer mächtig dabei diskutiert).

Aber nicht nur »doofe Erwachsenenfilme« werden gezeigt, auch für Euch kleine Besucher, die doch die Kinofreaks von morgen sind, wird es wieder ein eigenes Festival geben, das 14.Kinder Filmfest Berlin.

Dieses Jahr haben sich die Organisatoren wieder alle Mühe gegeben, um aus den zahlreichen Beiträgen aus vielen Ländern, die für Kinder wohl interessantesten Filme herauszusuchen. Schwerpunktmäßig werden diesmal asiatische Filme im Wettbewerbsprogramm zu sehen sein, denn dieser Kontinent hat seine ganz spezielle Art, für Kinder Filme zu machen. Ihr könnt viel über das Alltagsleben der Menschen dort erfahren, wie sie leben, denken, fühlen, und wie sie lächeln. Denn das Lachen spielt in Asien eine große Rolle.

Wer von euch ein wirklich süchtiger Kinogänger ist, der hat sogar die Chance, Mitglied der Kinderjury zu werden, die am Ende des Festivals den besten Film prämieren wird. Wie das läuft? Nun, ihr müßt die Fragebögen, die zu Beginn jedes Filmes ausgeteilt werden, ausfüllen und schnell an die angebene Adresse schicken. Die Veranstalter des Kinderfilmfestes losen dann die elf neuen Mitglieder der Kinderjury aus. Vielleicht habt ihr Glück!?

Der Journalist, der beispielsweise für eine Zeitung schreibt oder beim Fernsehen arbeitet, hat die Möglichkeit Filme, bevor sie im Kinoprogramm laufen, schon vorher zu sehen. Dadurch ist in der Lage, euch als Lesern die besten Streifen empfehlen zu können, aber auch zu schreiben, ob sie möglicherweise schlecht gemacht sind.

Ich will euch nun ein paar Filme vorstellen, die im Festivalprogramm zu sehen sind, doch werten will ich sie nicht. Das müßt ihr natürlich selbst entscheiden:

Wanderzirkus (Vietnam 1988, S/W, 80 Minuten)

Der Junge Dat lebt mit seiner kleinen Schwester irgendwo in einem kleinen Dorf in Asien. Jeden Tag brennt die Sonne so glühend heiß vom Himmel, daß die Feldarbeit zur Qual wird und der Reis in der Hitze verdorrt. Eines Tages kommt ein Wanderzirkus dahergefahren: auf der Bühne zeigen die Artisten, wie man Reis zaubern kann. Dat will das auch lernen, doch er wird immer wieder davongejagt. Denn die Zirkusleute sind nicht gekommen, um die Dorfgemeinschaft mit Kunststücken zu unterhalten, sondern sie wollen Gold finden, das es in der Gegend geben soll. Doch Dat kommt hinter das Geheimnis des Zauberkunststückes mit dem Reis. Als das Dorf davon erfährt, ist es empört...

Dieser schwarz-weiß-Film liegt schwer im Magen, denn er zeigt in düsteren Schattierungen, wie elendig das Leben vieler Völker auf dieser Erde noch ist, wie der Hunger den Alltag beherrscht — und oft auch der Tod.

Etwas fröhlicher ist da schon die Geschichte mit dem Panda namens Jiao Jiao (China 1986, 100 Minuten)

Xiao Long ist geradezu verrückt nach Tieren, sie sind seine liebsten Freunde. Beinahe den ganzen Tag könnte er mit ihnen verbringen, mit ihnen spielen, sprechen, sie pflegen. Aber da ist noch die Schule und die Mutter, die immer mahnt, zu lernen. Denn Xiao soll später einmal Sprachen studieren.

Doch eines Tages haut er einfach ab und schließt sich einem Zirkus an. Sehr schnell merken die Zirkusleute, wie liebevoll und sorgfältig Xiao mit den Tieren umgeht. Sie vertrauen ihm ihren schwierigsten Schützling an, den Panda Jiao Jiao, mit dem Xiao schnell eine tierische Freundschaft schließt. Er versucht, mit dem kuscheligen Bären eine Dressurnummer einzustudieren, doch die braucht Zeit. Als es dem Sohn des Zirkusdirektors zu langsam geht, kommt es zum Streit zwischen den beiden Jungen. Und der endet in einem Chaos, als ein Affe alle Käfigtüren öffnet...

Wer Spaß hat am Zirkusleben, an Tieren vor der Kamera, wer vor allem einmal einen dressierten Panda als Filmstar bewundern will, der sollte diesen Film nicht versäumen.

Eine ganz andere Thematik greift der kanadische Film Vincent und Ich (Kanada 1990, 100 Minuten) auf:

Das Mädchen Jo hat nur eins im Kopf: den niederländischen Maler Vincent van Gogh und selbst Bilder zu malen. Als sie den begehrten Platz an der Sommerakademie erhält, ist sie ganz aus dem Häuschen. Doch aus der Maleridylle wird nichts. Denn als sie ein selbstgemaltes Bild an einen zweifelhaften Kunsthändler verkauft, und eben dieses Bild in Holland unter van Goghs Namen auftaucht, da beschließt sie, dem Schwindel auf die Spur zu kommen. Gemeinsam mit einem Journalisten und ihrem Freund Felix macht sie sich auf nach Amsterdam, in die Stadt der Grachten (Wasserstraßen), Blumen und Maler. Gemeinsam mit dem Jungen Joris, der die Kanäle der Stadt wie kein anderer kennt, machen die Kinder sich vom Boot aus auf die Suche nach dem dubiosen Doktor Winkler. Der Kampf zwischen den cleveren Dreien und den fiesen Erwachsenen beginnt...

Dieser Film ist ein Vergnügen. Er ist abenteuerlich, rasant, lustig und spannend erzählt. Und wenn Jo sich in ihrer Phantasie mit ihrem Vincent trifft, dann wird der Film sogar rührend. Gute Unterhaltung also!

Wer aber lieber Trickfilme bevorzugt, vor allem aber ein abwechslungsreiches Programm, der wird seine Freude an den Kurzfilmprogrammen I und II haben:

Jeweils sechs kleine Filme entführen euch in die Welt des Animationsfilms, wie man in der Filmsprache sagt. Da geht es um Steine, Mäuse, um den fernsehbekannten Pinguin Pingo, um Brasilien und die famose Superseife.

Die Filme, die nie länger als 15 Minuten sind, kommen von vielen Kontinenten: Europa, Asien, Südamerika. Länder wie Japan, Iran, Brasilien oder Großbritannien haben ihre Kurzfilme dem Festival zugesandt.

Langeweile kommt bestimmt nicht auf. Besonders vergnüglich ist es, den witzigen Knetfiguren zuzuschauen, wie sie sich in Null Komma Nichts verwandeln können. Mehr wird aber nicht verraten.

Aus der ehemaligen DDR kommen gleich zwei Filme: Das Licht der Liebe (von Gunther Scholz, 1989/90, 81 Minuten) und Die Sprungdeckeluhr (Regie: Gunter Friedrich, 1990, 80 Minuten):

Beide Festivalbeiträge spielen in der Vergangenheit. Der erste Film erzählt die Geschichte der beiden Königskinder Bogumil und Reglindis, die durch ein widriges Schicksal voneinander getrennt werden. Während Resiglindis, die nicht sehen kann, unter der strengen Obhut des Onkels aufwächst, lebt Bogumil als namenloser Waise in einem Kloster. Erst eine geheimnisvolle Dokumentenrolle in der Klosterbibliothek offenbart ihm seine wahre Identität und die Existenz Erglindis. Sofort macht er sich auf, seine Braut zu finden. Das Licht der Liebe wird ihn dabei leiten...

Der andere Film beschäftigt sich mit der Zeit des Nationasozialismus. Im Jahre 1933 lebt der Junge Hansi mit seinen Eltern und seiner Schwester Rosi in München. Beide Kinder wissen nicht, wie gefährlich die Faschisten sind. Erst als die Eltern sich verstecken müssen, wird ihnen klar, in welcher Gefahr auch sie sich befinden. Hansi und Rosi machen sich auf die Suche nach den Eltern. Die Sprungdeckeluhr des Vaters nehmen sie mit, denn die Geschwister glauben, daß sich eine wichtige Nachricht darin befindet. Zuvor aber müssen sie noch die Geheimpolizei überlisten...

So, das war's. Genug erzählt. Alle Kinderfilme zu beschreiben, würde die Seite sprengen, der Platz wäre zu klein und Langeweile würde euch vielleicht beschleichen. Am besten, ihr kauft euch das Programm, schaut nach, was euch gefällt und dann nichts wie hin.

Und nicht vergessen: Ihr könnt sogar Mitglied der Kinderjury werden, wenn ihr die Fragebögen, die ihr nach jedem Film in die Hand bekommt, so schnell wie möglich zurücksendet. Also viel Spaß und Film ab!

boris erdtmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen