Italienische Gemeinde erklärt Kriegsaustritt

 ■ Aus Rom Werner Raith

Es konnte, natürlich, nur in der noch immer „roten“ Emilia Romagna geschehen, und natürlich ist der Urheber ein Bürgermeister der eben aus der Asche der alten Kommunistischen entstandenen neuen „Demokratischen Partei der Linken“ (PDS): Eine ganze Kleinstadt, Casalgrande nahe Reggio Emilia, 12.000 Einwohner, hat auf Beschluß der Kommune und unter großer Freude der BürgerInnen, den Austritt aus dem Golfkrieg erklärt. Unter das Ortsschild soll nun, analog zu den ehemaligen Hinweisen „entnuklearisierte Gemeinde“, ein Zusatzschild genagelt werden, das Casalgrande ausweist als „Gemeinde, die jede Form von Krieg ablehnt“.

Die in Rom regierende Fünferallianz aus Christ- und Sozialdemokraten, Sozialisten, Liberalen und Republikanern würde das Ganze natürlich gerne dem von ihnen sogenannten „Isolationskurs“ der neuen PDS in Sachen Golfkrieg anheften; doch trotz eifriger Suche der regierungshörigen Medien war es nur schwer, jemanden in der Stadt aufzutreiben, der gegen die Aktion stand — selbst christdemokratische Stadträte erklärten sich „hundertprozentig mit der Aktion einverstanden“. Reporter des sozialistisch dominierten zweiten Fernsehkanals — wo besonders entschieden der Interventionskurs vertreten wird — suchten verzweifelt mehrere Stunden nach Dissidenten zum Neutralitätsbeschluß. Schließlich fanden sie eine Frau, die sich „auf die Seite der UNO“ stellte — so als hätte die Gemeinde den Vereinten Nationen den Krieg erklärt.

Die Regierung hat nun ihre Juristen darauf angesetzt, herauszufinden, wie man das neue Schild wegbefehlen könnte. Doch die Rechtsgelehrten breiteten die Hände aus: In Casalgrande ist nichts zu machen. Der Satz, den die Gemeindeväter da hingemalt haben, steht genauso in der italienischen Verfassung.