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Steuerboykott gegen Krieg

■ In Hannover behalten Betriebe 20 Prozent ihrer Steuern ein

Die Zahl der Betriebe, die sich in Hannover einem Steuerboykott als Protest gegen die deutsche finanzielle Beteiligung am Golfkrieg angeschlossen haben, ist auf 27 angestiegen. Die Unternehmer behalten in ihrer monatlichen Steuererklärung 20 Prozent der Steuern ein. Dies entspricht nach ihren Berechnungen dem Anteil, der in den Rüstungsetat einfließt. Der Aktion, die vor einer Woche begonnen hat, haben sich neben Selbständigen aus dem alternativen Bereich Architekturbüros, Handwerksbetriebe, Läden und Restaurants angeschlossen, teilte Ludger Kissler, einer der Initiatoren, am Freitag mit.

Der Steuerboykott könne nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“ sein, solange er nur von einigen kleinen und mittleren Betrieben eingesetzt werde, sagte Kissler. Er ziele aber nicht nur auf große Steuersummen ab, sondern auch darauf, so massiv wie möglich gegen den Golfkrieg zu protestieren.

Überrascht über die bisherige Resonanz zeigte sich am Freitag Marion Nehrmann, eine andere Initiatorin des Boykotts. Viele Betriebe, die in ihrer Haltung noch schwankend seien, würden sich über den Steuerboykott und eventuelle Risiken für ihr Unternehmen informieren. Auch aus Marbug, Mainz, Aachen und Bielefeld hätten Unternehmer und Friedensinitiativen angerufen, die nun ebenfalls die Organisation eines Steuerboykotts planen.

Eine Sprecherin des niedersächsischen Finanzministeriums äußerte Verständnis für die Haltung der Unternehmen. „Es gibt aber keine Möglichkeit, den Betrieben steuerlich entgegenzukommen. Wir müssen uns nach den Regeln gegen säumige Steuerzahler richten.“ Dies bedeutet, daß die Betriebe nach Ablauf von sechs Wochen gemahnt werden. Wenn die Steuern auch weiterhin einbehalten würden, müßten Vollstreckungsmaßnahmen bis hin zur Pfändung erfolgen.

Der Steuerboykott soll, so Kissler, für die gesamte Dauer des Krieges aufrechterhalten werden. Zwar sei der Boykott außerhalb der selbständigen Betriebe komplizierter, die Möglichkeit eines auf die Beschäftigten ausgedehnten Boykotts werde aber erwogen. dpa

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