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Ausländerbeamte als Hilfsschnüffler?

■ LKA fordert bei Ausländerbehörden Verdachtsmomente gegen Araber an

Baden-Baden (taz) — Geht es nach dem Willen des baden-württembergischen Landeskriminalamtes (LKA), so werden in den Amtsstuben der völlig überlasteten Ausländerbehörden im Ländle demnächst Überstunden fällig. Die Polizeibehörde hat in diesen Tagen die Ausländerbehörden aufgefordert, sämtliche dort vorhandenen Akten über Staatsbürger bestimmter arabischer Länder nach einem beigefügten Fragenkatalog zu durchforsten. Über das Ansinnen berichtete am Freitag der Südwestfunk Baden-Baden in seiner Landesumschau. Dem Sender war das vertrauliche Schreiben des LKA an die Ausländerämter zugespielt worden. Das Büro der Datenschutzbeauftragten Ruth Leuze wollte gegenüber dem Sender vorerst keinen Kommentar abgeben.

Mit seiner Aktion will das LKA potentielle arabische Terroristen aufspüren. Gegen etwa 10 in Baden- Württemberg ansässige Araber wurden aufgrund von „Erkenntnissen“ des Verfassungsschutzes bereits Meldeauflagen verhängt. Doch offenbar sind den LKA-Fahndern die Dossiers der Verfassungsschutz- Kollegen zu dürftig. Deshalb sollen jetzt die Beamten der Ausländerbehörden als quasi-nachrichtendienstliche Hilfsschnüffler ran. Abgeklopft werden sollen alle Iraker, Jemeniter, Jordanier, Libanesen, Libyer und Palästinenser im „Alter zwischen 16 und 60“. Das Raster riecht nach Sippenhaft, die Checkliste jedoch ist schwammig. Wurde ein Ausländer mal wegen einer Gewalttat verurteilt, ist dies natürlich in seiner Akte vermerkt. Doch nach solch konkreten Angaben frägt das LKA gar nicht. Die Ausländerbeamten sollen vielmehr melden, wen sie zur „Begehung politisch motivierter Straftaten“ für fähig wähnen. Eine mehr als diffuse Fragestellung. Im LKA-Raster verfangen soll sich schon ein „selbstständig Gewerbetreibender“ oder ein „Arzt“, wenn er „häufig Besuch aus arabischen Staaten in die Bundesrepublik einlädt“. Bislang zählte es nicht zur Aufgabenstellung der Ausländerämter, Araber daraufhin zu bespitzeln, woher sie welchen Besuch erhalten. Solche und ähnliche Angaben, die das LKA anfordert, sind in den Ausländerakten gar nicht enthalten. Die Fahnder legen es also ganz bewußt auf die informellen, persönlichen Mutmaßungen und Spekulationen der Beamten an — eine klare Aufforderung zur Denunziation über Pi mal Daumen. Ganz besonders interessiert zeigt sich das LKA an Arabern, die früher mal in palästinensischen Flüchtlingslagern gelebt haben (solche Angaben sind tatsächlich in Anhörungsbögen von Asylbewerbern enthalten) sowie an Mitgliedern bekannter Terror-Gruppen; genannt wird etwa die Organisation von Abu Nidal. Doch welcher ausgewachsene Terror- Profi würde wohl im Asyl-Anhörungsverfahren seinen Job bei Abu Nidal zu Protokoll geben? thosch

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