: Gegen die männliche Raketengeilheit am Golf
■ Frauen demonstrierten/ Eklat um türkische Gruppe
Berlin. Kurdische und arabische Klagelieder begleiteten die Demonstration, und einmal erklang das elegische Hiroschima-Lied des türkischen Dichters Nazim Hikmet in den grauen, kalten Winterhimmel. Zu einem »Protestzug der Frauen« gegen den Krieg am Golf hatten Berliner Frauenprojekte für den Samstag vormittag auf dem Kurfürstendamm aufgerufen; doch nur rund 300 Frauen mochten sich daran beteiligen. War für die Demonstration nicht genügend mobilisiert worden? Sind die Frauen ermüdet von den vielen Aktivitäten der vergangenen Wochen? Ein bißchen Enttäuschung breitete sich unter den Teilnehmerinnen aus. Viele von ihnen waren in schwarzen Gewändern gekommen, die Gesichter weiß geschminkt. Eine Gruppe von Kurdinnen trug Bilder der kurdischen Giftgasopfer mit sich. Ein Plakat zeigte Bush als »Herrn der Lage«, als Tarzan mit Tigerhöschen und Buschmesser. Mit »Stoppt die Erektion des Krieges« verwies ein anderes auf männliche Raketengeilheit.
Doch es herrschte nicht nur Einigkeit unter den Frauen über den »Männerkrieg«. Eine Gruppe von Türkinnen der Splittergruppe »TKP/ML — Maoistische Parteizentrale« demonstrierte mit dem Transparent »Ersäuft die US-Invasoren in einem Meer des Völkerkriegs« martialisch- revolutionäre Gesinnung. Als sich immer deutlicher Unmut darüber zeigte, kam von den Veranstalterinnen endlich die Erklärung: »Wir distanzieren uns von der Gruppe, die zum Krieg aufruft.«
Eine Türkin zeigte sich empört über den »Rauswurf«: »Die weißen Feministinnen werden uns nie verstehen.« Der Rassismus-Vorwurf traf, kurz darauf erfolgte aus dem Lautsprecherwagen die Distanzierung von der Distanzierung: »Um es klarzustellen: Dies ist keine Friedensdemonstration, dies ist ein Protestzug gegen den Krieg am Golf. Es gibt verschiedene Arten, den Protest auszudrücken.« Der Mehrheit der Teilnehmerinnen nahm es hin.
Auf der Abschlußkundgebung am Breitscheidplatz kritisierten die Veranstalterinnen vor allem die gegenwärtigen Repressalien und Schikanen gegen arabische BürgerInnen. lu
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