piwik no script img

Zwangsniederlassung

■ Strausberger Ärztin: „Wir werden in die Niederlassung gezwungen“

Strausberg. Unter den Ärzten und Schwestern der Ambulanz Hegermühle in Strausberg hat sich Resignation breitgemacht. Tief sitzen die Erfahrungen vom Jahresbeginn: Obwohl einst eng verflochten, wurde die Ambulanz plötzlich vom Kreiskrankenhaus Strausberg abgekoppelt. „Es lief keine Versorgung mehr. Weder der Müll wurde abgefahren, noch erhielten wir Wäsche oder Sterilgut“, berichtet Dr. Barbara Hartmann, eine der leitenden Ärztinnen der medizinischen Einrichtung. Inzwischen gibt es eine Übergangslösung. Die Ambulanz wird weiter vom Krankenhaus versorgt — gegen Bezahlung allerdings. Die Konsequenz: erste Entlassungen von Schwestern. Auch für die Patienten der vor drei Jahren im Neubaugebiet Hegermühle eingeweihten Einrichtung gibt es Folgen: Das Labor mußte geschlossen werden. Die Patienten müssen nun den Weg zum Kilometer entfernten Kreiskrankenhaus auf sich nehmen.

Vom Warnstreik in den brandenburgischen Polikliniken am Montag hatten die Mitarbeiter erst aus den Medien erfahren. Dr. Hartmann sieht zwar die Notwendigkeit derart drastischer Aktionen, glaubt aber nicht an Erfolg. Das Haus voller Patienten, arbeiteten die Ärzte und Schwestern wie gewohnt weiter. „Ein Aufbäumen hat keinen Sinn. Wir werden in die Niederlassung gezwungen“, sagt die Gynäkologin.

„Von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben wir noch keinen Pfennig gesehen, obwohl bereits im November die Abschlagszahlungen für den Januar beantragt wurden.“ Daß das mit Absicht geschieht, sei allein an der Tatsache abzulesen, daß die niedergelassenen Ärzte pünklich die Zahlungen erhalten.

Vergangene Woche erst haben die Klinik-Mitarbeiter ihr Januar-Gehalt bekommen, und dies auch nur, weil der Kreis dafür einen Kredit aufnahm. Da die Ambulanz seit 1. Februar von der Stadt verwaltet wird, steht nun die Kommune in der Pflicht und wird letztlich ebenfalls per Kredit die Gehälter sichern müssen. Klar ist, die Ambulanz hat nur noch wenige Wochen. Ab 1. April werden sich einige Ärzte niederlassen, so auch Dr. Hartmann. Mit drei Kindern bleibt ihr dabei nichts anderes als die Hoffnung, daß sie in einer für Ex-DDR-Bürger ungewohnten Höhe kreditwürdig ist. Siegfried Wagner/adn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen