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Die große Razzia in Hannover

■ 500 Polizisten beschlagnahmen einen Walkman/ Zufallsfunde sichergestellt: Hasch, Säge und Vakuumpumpe

annover (taz) — Mit großem Aufwand haben etwa 500 Polizisten am Dienstagmorgen das ehemals besetzte Sprengelgelände in Hannover durchsucht. Doch das Ergebnis war mager. Bei der Razzia, die dem „Auffinden von Diebesgut“ dienen sollte, fiel der Polizei lediglich ein „Kassettenabspielgerät minderen Werts“ in die Hände, das aus einem Einbruchdiebstahl stammen soll. Im Zuge der zweistündigen Aktion, bei der es nach offiziellen Angaben keinen Widerstand, keine Verletzten und auch keine Sachbeschädigungen von Seiten der Beamten gab, mußten sich alle 54 Sprengel-Bewohner eine Personalienüberprüfung unterziehen. Einen Fahnenflüchtigen und zwei Bewohner, die noch geringe Gefängnisstrafen aus Eigentumsdelikten offen hatten, nahm die Polizei sofort in Haft. Als „Zufallsfunde“ beschlagnahmte die Polizei außerdem 217 Gramm Haschisch, eine Säge und eine Vakuumpumpe.

Die Durchsuchung aller Gebäude und Bauwagen auf dem Gelände der ehemaligen Schokoladenfabrik war auf Antrag der Staatsanwaltschaft gerichtlich angeordnet worden. Diese hatten sich zunächst geweigert, eine Durchsuchung gleich aller Wohnungen im Sprengel-Sozialtrakt anzuordnen, nachdem mehrere Elektrogeräte in der Sprengel-Nachbarschaft gestohlen worden waren. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft gab das Landgericht dann allerdings dieser Durchsuchung den Segen. Begründung: die Bewohner des Sozialtraktes bildeten eine Wohngemeinschaft. Einen zweiten Durchsuchungsbefehl für die Sprengel-Kofferfabrik erließ dann das Amtsgericht, nachdem die Staatsanwaltschaft eine Aussage präsentiert hatte, in der von 400 in der Kofferfabrik gelagerten Molotow-Coctails die Rede war.

Bei der gestrigen Durchsuchung der Kofferfabrik wurde allerdings kein einziger Molotow- Cocktail gefunden. Die Polizei konnte anschließend allerdings 71 ziemlich verstaubte Einweg- Saftflaschen präsentieren, die man in einem Verschlag unter dem Dach des Sozialtraktes aufgestöbert hatte. Nach den Erkenntnissen der Polizei enthielten die verschlossenen, meist halbgefüllten Flaschen „Diesel oder Öl“ und sollen „zusammen mit einem Brandbeschleuniger“ Molotow-Cocktails ergeben. Jürgen Voges

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