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Ströbeles Rücktritt entzweit AL-Fraktion

■ AL-Fraktion begrüßt Rücktritt des Grünen-Vorstandssprechers/ Minderheit bedauert den Schritt/ Realos hätten Ströbele-Worte »ausgenutzt«

Berlin. Die Äußerungen des Grünen-Vorstandssprechers Christian Ströbele zu Israel und sein angekündigter Rücktritt haben zu einem Streit innerhalb der Fraktion von AL und Bündnis 90 im Abgeordnetenhaus geführt. Eine Minderheit innerhalb der Fraktion verteidigte gestern den aus der Berliner AL stammenden Grünen-Politiker.

Sie sei über Ströbeles Rücktritt »sehr unglücklich«, sagte die Abgeordnete Halina Bendkowski, die als Mitglied der unabhängigen Frauenfraktion auf die AL-Liste gesetzt worden war. Ströbele habe zwar in seinem Interview mit der 'Jerusalem Post‘ die »Worte falsch gewählt«, räumte die Abgeordnete ein. »Ich möchte ihn aber gegen seine eigenen Worte verteidigen«, fügte Bendkowski an, »ich glaube nicht, daß das in seinem Kopf ist.«

Am Dienstag hatten sechs — vor allem realpolitisch orientierte — Mitglieder der 19köpfigen Fraktion Ströbeles Worte in einer Erklärung scharf verurteilt, ebenso die Fraktionsvorsitzende Renate Künast in einer eigenen Erklärung. Bendkowski bezeichnete diese Erklärungen gestern als »scheinheilig« und als Ausdruck von »politischem Opportunismus«. Auch eine Reihe weiterer Fraktionsmitglieder werfen den Partei-Realos vor, sie hätten Ströbeles Worte ausgenutzt, um ihr »strömungspolitisches Süppchen« zu kochen. »Ich hätte die Erklärung nicht unterschrieben«, betonte Sibylle Klotz, die der Fraktion als Mitglied des Unabhängigen Frauenverbandes (UFV) angehört.

Bernd Köppl, einer der Initiatoren der Sechser-Erklärung, kehrte den Opportunismus-Vorwurf gegen Ströbele. Dessen Äußerungen seien geprägt von dem »Stil, mit dem man im AL-Delegiertenrat Eindruck schindet«. Diese für Ströbele typische Form der Anbiederung bei der linken Parteibasis richte nun in der Außenpolitik großen Schaden an. Wolfgang Wieland, der die Erklärung gemeinsam mit Realo Köppl formuliert hatte, wies den Vorwurf strömungspolitischer Machenschaften ebenfalls zurück. »Das kann mich nicht treffen«, sagte Wieland, der als Angehöriger des Mitte-Links-Flügels innerhalb der AL gilt. Vor dem Abgeordnetenhaus entschuldigte sich Wieland für Ströbeles Worte. »Ohne Wenn und Aber« müsse das Recht Israels gelten, gegen einen Angriff auch »bewaffneten Widerstand« zu leisten.

Ströbeles Rücktritt sei »richtig und fällig«, ließ die Fraktionsvorsitzende Renate Künast erklären. Auch sie konnte aber nicht darauf verzichten, ihrem langjährigen Parteifreund den Abschied vom Vorstandsamt mit einem Kompliment zu versüßen. »Trotz seines Rücktritts«, so Künast, »muß Christian Ströbele, nicht zuletzt wegen seiner Bedeutung als eine der bundespolitischen Integrationsfiguren grüner Politik, den Grünen weiterhin zur Verfügung stehen.« hmt

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