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Saddam: Keine Kapitulation

■ Iraks Staatschef äußerte sich in seiner Rede nicht zu dem sowjetischen Friedensplan/ Pentagon: Bodenkrieg jetzt „nahezu unvermeidbar“

Bagdad/Washington/Berlin (dpa/ taz) — Die weltweit mit Spannung erwartete Antwort des Iraks auf den sowjetischen Friedensvorschlag läßt weiter auf sich warten. In einer kurzfristig angesetzten Rundfunkansprache ging der irakische Staatschef Saddam Hussein gestern nachmittag nicht auf den Gorbatschow-Plan ein. Er bezog sich zwar mehrfach auf einen Rückzug aus Kuwait, drohte jedoch auch mit einer Fortsetzung des Krieges, falls die USA und ihre Verbündeten nicht auf den Bagdader Vorschlag vom vergangenen Freitag eingehen. Sollten diese Vorschläge abgewiesen werden, zeige dies die wahren Intentionen der Alliierten. Dann werde der Kampf vertrauensvoll weitergeführt und die „Mutter der Schlachten“ zu „unserer großen Schlacht für den Sieg“ werden. Die Friedensbemühungen des Iraks seien abgelehnt worden, es sei erklärt worden, daß der Krieg gegen den Irak weitergehe.

Im Hinblick auf die Reise von Außenminister Tarik Asis, der gestern abend in Moskau erwartet wurde, äußerte sich Saddam Hussein ähnlich. Wenn die Vorschläge, die Asis nach Moskau bringe, abgelehnt würden, so würde dies die vorsätzlichen Absichten einer Aggression offenlegen. Es gebe für den Irak keinen anderen Kurs als den, den er gewählt habe. „Wir werden diesen Kurs fortsetzen, unabhängig von der Art der politischen Bemühungen, die wir ausüben und deren Formulierung und Richtung Tarik Asis nach Moskau bringt, und die, wenn abgelehnt, all die Vorwände offenlegen“, sagte der irakische Staatschef.

Saddam Hussein warf den USA und ihren Verbündeten vor, immer mehr zu verlangen. Sie würden davon sprechen, dem Irak die Macht und die Fähigkeit zu nehmen und ihn seiner moralischen Kapazitäten zu berauben: „Aber ihre Pläne werden vereitelt.“

In seiner vierzigminütigen Rede, die offenbar an die irakische Bevölkerung gerichtet war und die Politik der Führung erklären sollte, ging Saddam Hussein auch auf regionale Aspekte ein. Nach einem Exkurs über das Palästina-Problem, das die Welt über vierzig Jahre „vergessen“ habe, richtete er scharfe Attacken gegen die arabischen Regierungen, vor allem die Ägyptens und Saudi-Arabiens, die Teil der Koalition sind. Er sprach von „irregeführten Menschen“ und von Soldaten, die „für etwas Geld“ gegen den Irak kämpften. Die Araber, die jetzt gegen den Irak kämpften, hätten „ihre Ehre und ihre Existenzberechtigung verloren“. Es sei nicht notwendig zu sagen, daß die Würde des Iraks Bestandteil der arabischen Nation sei.

Hinsichtlich der weiteren Perspektiven erklärte Saddam Hussein, der Irak suche nach einer komplexen Lösung. „Was Irak will, ist Frieden am Golf“, meinte er. Dieser Frieden müsse die Tür zu einer umfassenden und dauerhaften Lösung aller Probleme in der Region öffnen. Am drängendsten sei dabei das Palästinenserproblem. Aber sie wollen, daß wir kapitulieren“, fügte Saddam Hussein hinzu. „Aber natürlich werden sie enttäuscht.“

In einer ersten Reaktion sah PLO- Berater Bassam Abu Sharif in Tunis noch Anzeichen für Optimismus. Saddam Hussein habe klargestellt, daß der Irak Frieden wolle und bereit sei, dafür zu arbeiten.

In Washington zeigte sich das Weiße Haus „enttäuscht“ über die Rede Saddam Husseins. Im Pentagon wurde der umfassende Bodenkrieg gegen den Irak nun für unumgänglich gehalten. Enttäuschung herrschte auch im UNO-Hauptquartier in New York, wo jedoch einige Diploamten dazu rieten, den Besuch des irakischen Außenministers in Moskau abzuwarten.

Präsidentensprecher Marlin Fitzwater erklärte, die USA seien „enttäuscht“. Saddam Hussein bleibe bei seiner „Mißachtung der UNO-Resolutionen“ und sei offensichtlich entschlossen, „die Aggression gegen Kuwait fortzusetzen“. Der irakische Führer zeige „mangelndes Mitgefühl für sein Land und sein Volk“. Die USA und ihre Verbündeten würden „ihren Kurs der militärischen Befreiung Kuwaits beibehalten“, erklärte Fitzwater.

Vertreter des Pentagon nannten die Saddam-Rede eine „Selbstmord- Nachricht“ für die irakische Armee. Ein Bodenkrieg sei nun „nahezu unvermeidbar“ und stehe „unmittelbar bevor“. Auch von den meisten Kommentatoren in den USA wurde die Rede Saddam Husseins als endgültige Ablehnung einer diplomatischen Lösung gewertet.

Bei der UNO erklärten zahlreiche Diplomaten, sie hätten jetzt nur noch wenig Hoffnung, daß ein Bodenkrieg vermieden werden könne. Irans Botschafter Kharazzi zeigte sich allerdings „überhaupt nicht beeindruckt, weder von der Rhetorik Bagdads noch von der Washingtons“. Er empfahl, „das Ergebnis der Gespräche von Asis in Moskau abzuwarten“. Auch UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar wollte vor einer Stellungnahme erst auf die Asis-Äußerungen in Moskau warten. Der kuwaitische Botschafter Abulhassan erklärte hingegen, der irakische Außenminister werde dort „mit Sicherheit nichts anderes sagen, als Saddam Hussein“. Die irakische Führung habe nun zur „völligen Zerstörung ihres Landes eingeladen“. Immerhin befürwortete der kuwaitische Außenminister Scheich Sabah el Ahamd el Sabah den sowjetischen Friedensplan, solange er auf den UNO-Resolutionen beruhe. bs/azu

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