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Recyceltes Plastik liegt auf der Halde

■ Kritik an Plastikaufbereitung / Warturmer Anlage unwirtschaftlich / Künftig Gebühren

“Sie gehört eigentlich verboten“, kritisierte Ekkehard Gerard von Recycling-Hof Findorff bei der Einweihung der Kunststoffrecycling-Anlage der Firma Becker an der Warturmer Heerstraße im vergangenen Oktober. Mit rund 300.000 Mark Finanzspritze vom Wirtschaftssenator und guten Wünschen von Umweltsenatorin Eva-Maria Lembke-Schulte ging Becker an den Start. Nach knapp einem halben Jahr Laufzeit wird immer noch herumprobiert. Umweltschützer bezeichnen das Verfahren als „Sackgasse“, Mitarbeiter des Amtes für Abfallbeseitigung als „Unsinn“.

Die Anlieferung von Haushaltsmüll läuft schleppend. Laut Juniorchef Björn Becker hat die Anlage eine Kapazität von 1,5 Tonnen am Tag. Bei den Betriebshöfen des Amtes für Abfallbeseitigung kommen aber nur wenige hundert Kilo Haushaltsplaste, von der abgewetzten Klobürste bis zur schmuddeligen Barbiepuppe, pro Woche an. Die unterschiedliche Zusammensetzung der Materialien und deren Verschmutzung erschweren die Aufbereitung. Abhilfe soll eine Waschanlage für 200.000 Mark schaffen, problematisch, da auf dem Firmengelände kaum noch unterzubringen, ökologisch bedenklich wegen des hohen Wasserbedarfs.

Der Recyclinghof Findorff weigert sich wegen seiner grundsätzlichen Kritik am Verfahren, Plastikmüll für Becker anzunehmen. Unterstützung fanden die Findorffer bei der Aktionskonferenz Nordsee. Plastikrecycling sei eine „umweltpolitische Sackgasse“, die nur dazu diene, die Kritik an problematischen Stoffen der Wirtschaft zu besänftigen, so Peter Willers von der Aktionskonferenz.

Daß Plastikrecycling nicht „das gelbe vom Ei“ ist, finden alle, vom Pressesprecher der Umweltsenatorin, Lutz Ritzel, bis zu Björn Becker. Aber: „Zur Plastikvermeidung muß man an der Quelle ansetzen, bei der Produktion. Und das geht nur in Bonn“, weiß Ritzel. Allerdings gäbe es durchaus Möglichkeiten, Bremer Kompetenzen besser auszunutzen, findet Elisabeth Hackstein von den Grünen, zum Beispiel durch Verbot von Plastikgeschirr in öffentlichen Einrichtungen wie der Uni.

Becker zermahlt die bunt gemischte Haushaltsplaste erst zu Granulat und macht daraus dann Plastiklatten für Gartenzäune und Bänke. Doch vorerst liegen die bei Becker auf Halde. „Wir gehen noch nicht in den Handel“, so der Juniorchef. Seine Begründung: „Die Mengen, die wir produzieren, sind noch zu gering. Eine kommerzielle Nachfrage können wir noch nicht befriedigen.“ Preislich seien die Latten wegen der hohen Produktionskosten ohnehin nicht konkurrenzfähig.

Lutz Ritzel will von einem Scheitern des Unternehmens nichts wissen. „Wir werden Kunststoffrecycling weiter unterstützen.“ Dafür wird man künftig tiefer in die Tasche greifen müssen. „Wirtschaftlich ist sowas nicht zu machen“, kündigt Becker das Ansinnen auf weitere öffentliche Gelder an. „Genau wie bei Altpapier können wir auch den Plastikmüll nicht mehr kostenfrei annehmen.“ vk/asp

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