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Herz, Kopf und Gründer

■ Der Kinderfan Michael A. Wenz macht seit 29 Jahren Theater vornehmlich für Kinder

“Machen die jetzt Theater?“ fragt mich der blondgelockte Dreikäsehoch neben mir. Es ist Sonntag nachmittag, wir sitzen in der Aula der Schule an der Lessingstraße und warten darauf, daß es endlich losgeht mit „Knasterbax und Siebenschütz“. Die Schauspieler schleppen noch ein paar Stühle herein, der Andrang ist größer als gedacht. Dann verdunkelt sich der Raum und die Bühne wird zum Schauplatz einer Räubergeschichte. Es spielt das Theater 62. Regie führt, heute wie schon im Gründungsjahr '62, Michael A. Wenz, Herz, Kopf und Gründer des Theaters.

„Zwei Freunde und ich hatten die Idee, wir wollten alles anders und besser machen, als wir es im Schultheater gelernt hatten“, erinnert sich Wenz. Damals war er fünfzehn, gerade mit der Schule fertig und fest entschlossen, dem Theater treu zu bleiben. Er kramt einen schweren Aktenordner hervor, der randvoll ist mit Zeitungsausschnitten, Fotos und Spielplänen, eine Bilanz seiner inzwischen 29jährigen Theaterarbeit.

Das Repertoire ist groß, es reicht von den „Bremer Stadtmusikanten“ bis hin zu Kleists „Zerbrochenem Krug“. Wenz erklärt: „Wir spielen zwar sehr viele Stücke für Kinder, doch Erwachsenenstücke und Klassiker sind für uns immer wieder eine Herausforderung.“ Doch auch die Kinder kommen nicht zu kurz, im März geht es weiter mit „So ein Affentheater“ und den „Bremer Stadtmusikanten“, die spielen sie auf der Tournee im Sommer, diesmal in Rostock, Stettin und Danzig, Wilna, Riga, Tallinn und Leningrad. Für diese Reise sind übrigens noch vier Plätze frei. „Wer mitfährt“, bemerkt der Regisseur und lacht, „der kann wirklich was erleben. Mit einer gehörigen Portion Humor macht es zwar sehr viel Spaß, doch auf Streß sollte man sich einrichten.“

Der gelernte Fotograf und heutige Galeriebesitzer ist Idealist, das Theater kostet Zeit und Geld. „Ich bin ein absoluter Kinderfan, ich denke, Kinder sollten nicht immer nur fernsehen, sondern im Theater lernen, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Bei uns kommen sie auf die Bühne und nehmen an der Handlung teil.“

Um finanzielle Unterstützung hat Wenz noch nie gebeten: „Auch wenn wir mal ein paar Mark drauflegen mußten, haben wir es bisher immer geschafft, kostendeckend zu arbeiten.“ Nicht immer ohne Probleme: „Wir mußten schon so oft umziehen, 150 qm Fläche brauchen wir für unsern Fundus“, erklärt Wenz, „im Moment haben wir alles im Bunker Lessingstraße untergebracht, doch den will das Bundesvermögensamt verkaufen, und dann müssen wir raus.“

Die Stücke, die das Theater 62 spielt, werden sorgfältig ausgewählt, kindgerecht, gesellschaftskritisch und vor allem lustig sollen sie sein. „Kinder sind ein anspruchsvolles Publikum, denn sie langweilen sich schnell und werden unruhig, Erwachsene dagegen schlafen ein“, sagt Wenz und schmunzelt. Doch von Langeweile ist hier keine Spur: „Da ist doch der Räuber, da, da! „, schreit mein fünfjähriger Nachbar, der inzwischen aufgesprungen ist und wild mit den Armen rudert. Catharina Scheer

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