: Golfemirate in Schulden
■ Nicht nur Rückgriff auf die Reserven, sondern auch Gang auf die internationalen Finanzmärkte zu erwarten ABT. BESCHLEUNIGTE ZIRKULATION
Abu Dhabi (afp) — Die Kosten des Golfkriegs und des anschließenden Wiederaufbaus der Region drohen die Finanzen der Golfanrainer- Staaten, darunter die reichsten Länder der Welt, erstmals in die roten Zahlen zu treiben. Nach Einschätzung des Gouverneurs der gemeinsamen Zentralbank der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Abdul Malik el Hamar, werden einige Mitglieder des Golfkooperationsrats (GCC) nicht nur dazu gezwungen sein, ihre Reserven anzugreifen, sondern werden erstmals auch Anleihen auf den internationalen Finanzmärkten vornehmen müssen.
Saudi-Arabien habe bereits in der vergangenen Woche angekündigt, es werde voraussichtlich Kriegskredite in Höhe von drei und vier Milliarden Dollar aufnehmen. „Einige GCC-Staaten, die bislang Kapital exportierten, werden nun zu Kapitalimporteuren, in anderen Worten zu Schuldnern“, prognostizierte Hamar am Montag in Abu Dhabi gegenüber der Nachrichtenagentur 'Agence France Presse‘ ('afp‘).
Neben den Kosten für die alliierte Kriegsführung, von denen Saudi-Arabien allein 50 Milliarden Dollar und die VAE und Kuwaits Exilregierung weitere 20 Milliarden Dollar tragen, wird damit gerechnet, daß der Golfkooperationsrat die am meisten vom Krieg betroffenen Staaten unterstützt, geplante neue Sicherheitsstrukturen der Region finanziert und sich am Wiederaufbau Kuwaits und des Irak beteiligt. Allein für den Wiederaufbau Kuwaits veranschlagt der VAE-Zentralbankchef zwischen 80 und 100 Milliarden Dollar. Für den Irak werde mindestens derselbe Betrag notwendig sein. Hamar warnte davor, die Finanzen der GCC-Staaten könnten mehr als eine Dekade lang instabil bleiben, sollten sie sich am Wiederaufbau der beiden Staaten beteiligen müssen.
Zwar konnten die GCC-Mitglieder mit den Einnahmen aus den gestiegenenen Ölpreisen der letzten Monate bislang einen Teil der Kriegskosten abdecken. Doch nach Ansicht Hamars wird dieser Geldsegen nicht mehr lange anhalten. Bereits in dieser Woche seien die Preise von 40 Dollar pro Barrel um 17 Dollar gesunken, und Hamar schätzt, daß sie nach Kriegsende weiter in den Keller gehen werden, sollte es der OPEC nicht gelingen, die Förderquoten weiter einzuschränken.
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