piwik no script img

Ruß verdunkelt den Himmel

■ Experten befürchten Mißernten im Iran, in Pakistan und Nordindien als Folge der Ölfeuer/ Löschen der Brände wird wahrscheinlich Wochen dauern

Berlin (taz) — Die mehr als 200 Ölquellen, die nach US-Militärangaben inzwischen von den Irakis in Brand gesteckt worden seien, könnten langfristig verheerende Konsequenzen nicht nur am Golf, sondern auch Tausende von Kilometern entfernt in ganz Südasien haben. Experten befürchten Mißernten im Iran, in Pakistan und Nordindien durch die anhaltenden Ölfeuer. Auch in Nordafrika werden die Konsequenzen der Brände zu spüren sein. Eine Begrenzung der ökologischen Kriegsfolgen auf die Golfregion scheint nach der gigantischen Rauchwolke über Kuwait jetzt ausgeschlossen.

Allerdings ist der volle Umfang und die Schwere der Schäden ohne genaue Vorort-Analysen kaum zu verifizieren. Bei der Ölpest im Golf hatten die US- und saudischen Experten zunächst um den Faktor sieben zu hoch geschätzt. Auch ist unklar, ob US-amerikanische Bomben für einen Teil der Brände verantwortlich sind, wie die iranische Nachrichtenagentur 'Irna‘ meldete.

Die heute schon brennenden Feuer zu löschen, wird wahrscheinlich Monate in Anspruch nehmen. Danny Clayton von der Ölfeuerwehrtruppe des legendären Texaners Paul „Red“ Adair wies auf die Schwierigkeiten bei der Bekämpfung der Brände hin: Wenn die Iraker die Quellen nur zur Raucherzeugung in Brand gesetzt hätten, könne man sie vielleicht an den noch funktionierenden Ventilen schnell schließen. Nach einer Sprengung und ohne Ventil werde es aber bis zu zwei Wochen für ein sechsköpfiges Team dauern, ein einziges Ölfeuer zu löschen, sagte Clayton gegenüber der 'New York Times‘. Weltweit gebe es nur acht solcher Teams. Adair selbst ist auf dem Weg in den Golf, will aber erst nach Ende der Kampfhandlungen die Arbeit aufnehmen.

Die Ölbrände zerstören die Umwelt vor allem auf zwei Wegen: Einmal verdunkeln die Rußwolken die Sonne. Vor allem, wenn die großen Rußmengen in die Atmosphäre gelangen, könnte die geringere Sonneneinstrahlung für regionale Temperaturstürze sorgen, warnte am Wochenende Frank Barnaby, früherer Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI. Zusätzlich könnte die Ozonschicht in der Region in diesem Fall angegriffen werden. Richard Turco von der Universität Kalifornien hatte im Januar das Schreckensbild von bis zu drei Milliarden Tonnen Ölqualm in der Atmosphäre an die Wand gemalt. Australische Wissenschaftler hatten damals ausgerechnet, daß der Ruß der Ölfelder innerhalb von zwei Wochen bis nach Nordamerika und China gelangen könnte.

Der Beitrag des Ölbrands zum Treibhauseffekt wird von den Forschern bislang als eher gering eingeschätzt. Das Fraunhofer-Institut für atmosphärische Umweltforschung hat sogar mögliche Abkühlungen und Regenfälle in Wüsten durch die Verdunkelung der weißen Sandwüsten ausgerechnet. Voraussetzung ist allerdings, daß die Rußpartikel nicht in die Stratosphäre gelangen.

Ein solches Szenario würde die in dem Ruß vorhandenen Giftpartikel, die zweite Umweltplage, auf wesentlich engerem Raum verteilen. Neben den giftigen Benzolen und Phenolen würden auch schwefelige Rußpartikel den Regen in Säure verwandeln und so in der entsprechenden Region die landwirtschaftlichen Flächen vergiften. Der Iran hatte in den vergangenen Wochen wiederholt „schwarzen Regen“ gemeldet. In den grenznahen Orten des Irans machten am Wochenende die Rußwolken der brennenden Ölfelder und Raffinerien den Tag zur Nacht.

Der giftige Ruß hatte sich am Sonntag entlang der saudischen Küste bis ins 400 Kilometer südlich gelegene Bahrain ausgebreitet. Ein amerikanischer Berater der bahrainischen Regierung beschrieb die Situation dort plastisch: „Es war so dunstig, daß man nicht einmal mehr die Sonne sehen konnte.“ Eine genaue Analyse der Verschmutzung der Luft liege aber noch nicht vor. Hermann-Josef Tenhagen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen