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Den USA geht's nicht nur um KuwaitBush will den totalen Sieg über Saddam

■ Mit bloßem Zurückweichen der irakischen Truppen aus Kuwait ist für den obersten Kriegsherrn der USA der Fall längst nicht erledigt. Als George Bush am Dienstag nachmittag vor die Presse trat, machte er unmißverständlich klar, daß es um Saddams Kopf geht.

Die Vereinigten Staaten wollen den Golfkrieg erst nach einer totalen Zerstörung bzw. Erbeutung des irakischen Waffenarsenals beenden. „Der Krieg geht weiter“, erklärte Präsident Bush gestern, und bezeichnete die Rede, in der Saddam Hussein in der Nacht zum Freitag den Rückzug seiner Truppen aus Kuwait innerhalb von 24 Stunden angeordnet hatte, als „nicht ausreichend“. Bush berief sich in seiner Erklärung ausdrücklich auf die Unterstützung der mit den USA gegen den Irak verbündeten Staaten.

Bemühungen der UdSSR und anderer Staaten, im UNO-Sicherheitsrat eine Entscheidung über einen Waffenstillstand herbeizuführen, scheiterten zunächst an der Haltung Washingtons. Bush nannte Saddam Husseins Rede „unverschämt“. Der irakische Regierungschef habe weder die Annexion Kuwaits für „null und nichtig“ erklärt noch alle zwölf Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates ausdrücklich anerkannt.

Die komplette Zerstörung hat erste Priorität

Zur Frage von Reparationszahlungen habe sich Saddam Hussein überhaupt nicht geäußert, bemängelte der US-Präsident. Bis zur vollständigen Erfüllung dieser Bedingungen werde der Krieg gegen bewaffnete irakische Soldaten und Verbände weitergeführt, auch wenn sie sich nach Norden in Richtung der kuwaitisch- irakischen Grenze zurückzögen. Lediglich Soldaten, die unzweideutig ihre Waffen niederlegten beziehungsweise sich von ihren Panzern oder Infanteriefahrzeugen entfernten, blieben von Angriffen der US- Streitkräfte und ihrer Verbündeten verschont.

Aus dem Pentagon verlautete, daß über die Zerstörung noch in Kuwait befindlicher irakischer Waffen hinaus auch die „Vernichtung“ der nördlich der Grenze im Süden des Irak stationierten Elite-Einheiten geplant ist. Bis gestern nachmittag waren deren Stellungen bereits weitgehend eingekreist von Streitkräften der USA und ihrer Verbündeten.

Prominente Kongreßpolitiker beider Parteien kündigten gestern ihre Unterstützung für die Linie der Bush-Administration an, sprachen sich jedoch gegen eine längerfristige Besetzung irakischen Territoriums durch US-Truppen aus. Senator Albert Gore, einer der möglichen Präsidentschaftskandidaten der Demokraten für 1992, erklärte, gerade wegen der „Korrumpiertheit aller irakischen Institutionen und der damit verbundenen Unwägbarkeiten selbst einer neuen Regierung ohne Saddam Hussein“ habe die „möglichst vollständige Zerstörung des irakischen Militärpotentials“ jetzt erste Priorität. Ähnlich äußerte sich der führende republikanische Vertreter im Streitkräfteausschuß des Senats, John Warner.

UNO-Sicherheitsrat tagte ununterbrochen

Sechs Stunden vor der Rede Saddam Husseins hatte bereits Radio Bagdad den „bedingungslosen“ Rückzug zu einem „noch genau festzulegenden Zeitpunkt“ und innerhalb einer „kurzen Frist“ angekündigt. In New York trat daraufhin noch in der Nacht der UNO-Sicherheitsrat zusammen. Der sowjetische Botschafter Vorontsow stellte einen mündlichen Antrag für einen Waffenstillstandsbeschluß des Gremiums, legte allerdings zunächst noch keinen schriftlichen Resolutionsantrag vor. Die USA und ihre Verbündeten verlangten jedoch, eine Rückzugserklärung müsse von Saddam Hussein selber kommen und die von Washington am vergangenen Freitag gesetzten Bedingungen erfüllen.

Auch den Antrag auf einen Waffenstillstand könne nur der Irak selber stellen, argumentierte US-Botschafter Pickering. Auf seinen Antrag und den des belgischen Botschafters hin vertagte sich der Sicherheitsrat am frühen Dienstag morgen zunächst. Am Nachmittag wurden die Beratungen wieder aufgenommen. Andreas Zumach, Washington

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