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Meine pazifistische Seele kocht vor Zorn

■ Betr.: Krieg am Golf

betr.: Krieg am Golf

Ich habe sie alle gelesen, die klugen Kriegs- und Geschichtsanalytiker, ihr Pro und Kontra. Ich sehe die tapferen Streiter im Fernsehen, höre die bündnistreuen Schwadroneure im Radio, tapfer vor dem Mikrophon und der Schreibmaschine — Männer! Und weil ich annehme, daß die meisten von ihnen gar nicht wissen, was Krieg realiter bedeutet, kocht meine pazifistische Seele vor Zorn darüber, daß es überhaupt möglich geworden ist, nach einem Weltkrieg II noch einmal eine Diskussion zu führen über ein Ja oder Nein zu einem Krieg, dessen Zerstörungspotential bei weitem über dem liegt, was unser Vorstellungsvermögen verkraften kann.

[...] Als Frau, die Krieg erlebt und nicht verdrängt hat und nun seine Schrecken wieder mitempfindet, möchte ich all den klugen Männern sagen: Meine Herren, mit dem Schießprügel seine Männlichkeit unter Beweis stellen, der Faszination der Tötungsmaschinerie erliegen, ist das eine; das andere ist das hilflose Ausgesetztsein diesem Männlichkeitskult und Blutrausch.

Im Frieden will man Frauen zu Mörderinnen machen, wenn sie eine aufgezwungene Schwangerschaft nicht austragen wollen; man spricht dem Fötus das Recht auf Leben zu. Kaum läuten die Kriegsglocken, blasen die Herren zum großen Schlachtfest für dieses geborene Leben. Fürs Vaterland natürlich, zum Ruhme der Fahne, mit Gottes Segen, für eine bessere, gerechtere Welt, die erst mal zerstört werden muß, und was da alles aus der Ethik- und Kulturkiste hervorgezaubert wird. Kommen dann die folgsamen Söhne nach Hause, haben die Drahtzieher schon längst die Gewinne, die ein solcher Krieg verspricht, unter sich aufgeteilt, und der in Zivil gekleidete darf sich als braver Trottel wieder in die Schlange der Arbeitssuchenden einreihen.

So haben wir's erlebt. Wird's diesmal anders sein? Und was die „Wertegemeinschaft“ angeht: Wir haben Dallas und Schwarzwaldklinik, Rambo und Musikantenstadl, wir haben SDI und Nervengas, glückliche Hühner in Käfigen und Versuchstiere in Labors. Was können diese Halbwilden mit dem Dolch im Burnus und dem falschen Gott dagegensetzen? Es sei denn, sie kaufen unsere Kultur. Kurz, wir haben unsere Arroganz, die ihre Armut.

Was die sogenannten Linken und ihre spätgeborenen Grünen betrifft, zu denen auch einmal die taz gehörte: wendig bis zur Unkenntlichkeit! Sie brauchen keinen politischen Gegenspieler, sie hauen sich gegenseitig in die Pfanne. Also diskutiert weiter, frei nach Schopenhauer: Denken wie die Minderheit, reden wie die Mehrheit. Marianne Weuthen, Neuss

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