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Papierkriege

Berlin (taz) —Etwas besonders Widerliches hat sich das Computerblatt 'Tool‘ für sein Märzheft einfallen lassen: die Besprechung von elektronischen Kriegs- und sonstwie aktuellen Computerspielen, etwa zum Bau einer Pipeline. In „Lost Patrol“ sollen US- Soldaten im Vietnamkrieg nach einem Hubschrauberabsturz durch die feindlichen Reihen stoßen, um „heimische Gefilde“ (was auch immer das in Südvietnam gehießen haben mag) zu erreichen. Bedauert Autor Wolfgang Keil: „Diese Actionszenen sind zwar recht vielfältig, aber bis auf eine Ausnahme, bei der das Gelände aus der Sicht durch ein Zielfernrohr dargestellt wird, ziemlich holprig programmiert.“ Unspannend findet er auch das Herrscherspiel „The Second World“: „...überzeugt durch sein gut durchdachtes Design, wird aber nach einiger Zeit langweilig, da immer wieder die gleiche Welt erobert werden muß.“

Daß das konservative Weltblatt 'Neue Zürcher Zeitung‘ Herrn Werner K. Rey nicht mag, ist seine Angelegenheit. Rey, der in schwere Finanznöte geratene Schweizer Konzernlenker, hat soeben die Mehrheit seines Zeitarbeitsunternehmens adia verkauft (siehe taz von gestern), das er über seine Omni-Holding gelenkt hatte. Am letzten Wochenende, noch vor Beginn des Landkrieges, hatte Wirtschaftredakteur Hansjörg Abt kommentiert: „Werner K. Reys Omni- Holding gleicht jeden Tag mehr der irakischen Armee im belagerten Kuwait: Sie verharrt seit Wochen mit eingezogenem Kopf in ihren Löchern, läßt alltäglich neue und stets noch heftigere (Medien)-Bombardements über sich ergehen, unfähig zur Gegenwehr, erleidet darob irreparablen (Image-)Schaden, wird immer mehr von ihren überlebenswichtigen (Kapital-)Zufuhren abgeschnitten und in ihrem personellen Potential demoralisiert.“ Durch den adia-Verkauf hat Rey nun eine Antwort auf die Frage gegeben, die statt von der 'NZZ‘ von der 'Bild‘-Zeitung gestellt wurde: „Was macht der Irre jetzt?“

Und nicht verhehlen wollen wir, womit das britische taz-Partnerblatt 'The Guardian‘ am Mittwoch in der Europa-Ausgabe des 'Wall Street Journals‘ warb: Ein lachender Kampfbomberpilot hält eine Ausgabe der Zeitung aus der hochgeklappten Cockpitkanzel — mit dem folgenden Text: „The Vital Briefing“, aus dem Jargon der Befehlsausgabe ungefähr zu übersetzen mit: „Die lebensnotwendige (Einsatz-)Information.“

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