piwik no script img

Stasi-Anwälte ante portas

■ Kritik wird laut an der Zulassung von Stasi-Mitarbeitern als Anwalt und Notar/ Auch Wolfgang Schnur will in West-Berlin zugelassen werden

Berlin. In Berlin ist die Zulassungspraxis für ehemalige Anwälte und Notare aus dem Ostteil der Stadt auf Kritik gestoßen, weil auch Ex-Stasi- Mitarbeiter zugelassen werden. Wie gestern in Justizkreisen bestätigt wurde, steht auch der Zulassung des nach Stasi-Vorwürfen als Parteichef zurückgetretenen Rechtsanwalts Wolfgang Schnur nichts im Wege. Der früher in Rostock tätige Schnur mußte kurz vor den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 als Vorsitzender des Demokratischen Aufbruchs (DA) zurücktreten. Strafrechtlich wurde er nicht belangt.

Die Rechtsanwaltskammer Berlin teilte mit, daß sie in etwa 50 Fällen bei der Senatsverwaltung für Justiz angeregt habe, die erteilte Zulassung wieder zurückzunehmen. Es handele sich hier »um ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit, Richter und Staatsanwälte«. Das DDR-Ministerium der Justiz hatte im Sommer 1990 vor dem Beitritt zur Bundesrepublik noch im Schnellverfahren unter anderem amtierende Richter und auch westdeutsche Reverendare und Rechtsbeistände zur Rechtsanwaltschaft in Ostdeutschland zugelassen, erinnerte die Kammer.

Unterdessen sind von der FDP starke Vorbehalte gegen einen Teil von Notaren aus dem Osten gekommen, die ihre neue Zulassung erhalten sollen oder schon haben. FDP- Fraktionschefin Carola von Braun forderte die Senatsverwaltung für Justiz auf, die Zulassungspraxis zu ändern, um weiteren Schaden von Organen der Rechtspflege abzuwenden. Sie warf den Verantwortlichen in der Justizverwaltung eine »kritiklose Haltung« vor.

Die Sprecherin der Berliner Justizverwaltung, Jutta Burghart, teilte auf Anfrage mit, daß noch nicht für alle Bewerber der Anwälte die Zulassung für das Landgericht erfolgt sei. Auch Schnur habe diese Zulassung noch nicht. Es sei davon auszugehen, daß er sie wohl erhalte, hieß es in der Justizverwaltung. dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen