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Kein Geld für den Wiederaufbau

Außenminister Genscher und CDU-Generalsekretär Rühe in Washingon/ An deutschen Vorschlägen aber mit dem Geld anderer soll der Nahe Osten genesen/ Unklare Aussagen über die Rolle der PLO  ■ Aus Washington A. Zumach

Kaum ist der von der Bundesregierung massiv unterstützte Golfkrieg vorbei und wenige Tage vor der Reise von US-Außenminister Baker in die Nahostregion, versuchen Politiker der Bonner Koalition in Washington eine aktive, eigenständige Rolle bei den Bemühungen um die Reparatur der angerichteten Zerstörungen und eine dauerhafte Friedensregelung zu demonstrieren. Gestern machte Bundesaußenminister Genscher Präsident Bush, seinem Amtskollegen Baker und Verteidigungsminister Cheney seine Aufwartung, seit Tagen weilt bereits CDU-Generalsekretär Rühe in der US-Hauptstadt.

Konkrete eigene Vorstellungen, die über die in der Bush-Administration ohnehin schon seit geraumer Zeit erwogenen Pläne für den Nahen Osten hinausgehen, waren von den beiden Koalitonspolitikern allerdings nicht zu hören. Klar ist nur: Bezahlen sollen den in den letzten sechs Wochen angerichteten Schaden andere. Baker hatte in den letzten Wochen vor dem US-Senat den Vorschlag zur Einrichtung einer Nahostbank gemacht, durch die der Wiederaufbau sowie Ausgleichszahlungen zur Überwindung des Gefälles zwischen den reichen Ölländern und den armen Staaten finanziert werden sollten. Das Kapital für diese Bank könne jedoch „nicht von den US- Steuerzahlern“, sondern müsse von den reichen Ländern der Region sowie von Deutschland und Japan aufgebracht werden, hatte Baker erklärt. Rühe und Genscher wiesen die Erwartung an deutsche Zahlungen zurück und erklärten, die Finanzierung müsse von den Staaten der Region aufgebracht werden. „Es geht nicht an, daß nach Ende des Krieges die Reichen in ihre Paläste und die Armen in ihre Hütten zurückkehren“, meinte Rühe. Daß die Armen in die Paläste und die Reichen in die Hütten einziehen, ging dem CDU- Generalsekretär allerdings auch zu weit.

Äußerst unkonkret äußerten sich Genscher und Rühe auch auf Nachfragen zur Haltung der Bundesregierung hinsichtlich einer Nahostkonferenz und der künftigen Rolle der PLO. Genscher vertrat die These, daß Israel wegen seiner Zurückhaltung nach den irakischen Scud-Raketenangriffen seine internationale Reputation „verbessert“ habe und daher jetzt eher zu einer Friedensregelung mit den Palästinensern bereit sein könne. Auch auf einen nur ungefähren Zeitpunkt für eine Nahostkonferenz wollten sich die beiden Politiker nicht festlegen. Genscher ließ auch offen, ob die PLO für die Bundesregierung noch ein Gesprächs- bzw. Verhandlungspartner bei den Bemühungen um eine Nahostfriedensregelung ist. In der US- Administration zeichnet sich die Linie ab, den im Frühjahr 1989 begonnenen Dialog mit der PLO zu beenden und künftig mit noch nicht näher bestimmten anderen Vertretern der Palästinenser zu sprechen.

Hinsichtlich der angeblich veränderten syrischen Haltung zu den von Israel besetzten Golan-Höhen, über die Genscher nach seinen Gesprächen vor zwei Wochen in Damaskus berichtet hatte, ließ Rühe gegenüber Journalisten keinen Zweifel daran, daß er dies für eine Fehleinschätzung des Bundesaußenministers hält. Die syrische Regierung hatte Genschers Darstellung seinerzeit durch eine öffentlich Bekräftigung ihres bislang bekannten Standpunktes praktisch dementiert. Genscher erklärte hierzu jedoch in der Nacht zum Freitag, Assad habe sich ihm gegenüber „so klar wie nie zuvor über die Anerkennung Israels“ ausgedrückt und ein starkes Interesse an einer Lösung in der Frage der Golan-Höhen geäußert.

Mit Blick auf die in den USA heftig kritisierten deutschen Exporte erklärte Rühe, aus der BRD seien „in den letzten 30 Jahren niemals ganze Waffen“ an Irak, sondern lediglich zur Waffenherstellung verwendbare Produkte geliefert worden.

Außenminister Genscher kritisierte hingegen deutlich das Verhalten deutscher Firmen und — unter namentlicher Nennung seines Ex- Kabinettskollegen und Parteifreundes Haussmann — bundesdeutscher Koalitionspolitiker, die Entwürfe für strikterer Exportkontrollgesetze immer wieder verwässert und verschleppt hätten.

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