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Rostock bekommt Stasi-Lehrer

■ Bezirksgericht gab Stasi-Leuten Recht, die nach der Wende Lehrer wurden

Mehrere ehemalige Mitarbeiter der Stasi kommen nun doch noch als Lehrer an Rostocks Schulen. Das Kapitel, das die Rostocker bereits abgeschlossen glaubten, wurde noch einmal neu geschrieben. Vor mehr als einem Jahr hatte eine Aktion des damaligen (SED-PDS)-Schulsstadtrates Gustav Bendlin für Aufsehen gesorgt: Er verschaffte im Einvernehmen mit dem damaligen Oberbürgermeister Schleiff 22 durch die Wende arbeitslos gewordenen hauptamtlichen Stasi-Mitarbeitern und ranghohen Parteifunktionären neue Jobs als Pädagogen. Die Empörung der Bevölkerung gipfelte im Mai 1990 in Demonstrationen, die Spitze der Kommunalverwaltung mußte gehen, und Vertreter der Bürgerbewegungen übernahmen übergangsweise das Rathaus.

Auch die Stasi-Lehrer und Parteifunktionäre mit pädagogischer Ausbildung erhielten blaue Briefe. Sie eilten damit aber direkt zum Kreisgericht und klagten gegen die neuen Stadtväter. Im September bekamen sie nach altem DDR-Recht Recht. Der inzwischen neuformierte Senat der Stadt ging in die nächste Instanz, in der vergangenen Woche erging der Spruch des Rostocker Bezirksgerichtes: In einem Fall wurde die Klage gegen den Senat ganz abgewiesen, in einigen Fällen kam es zu einem Vergleich und die Klage wurde zurückgenommen. In den übrigen Akten ist der Vermerk zu lesen: „Die Entscheidung des Kreisgerichtes Rostock-Stadt wird in zweiter Instanz bestätigt.“

Wieder ist die Empörung unter den Rostockern groß. „Die neue Justiz scheint genauso belastet wie die alte“, meint Jürgen Drewitz, Vater eines von Stasi-Leuten unterrichteten Schülers. Eine Mutter ist besonders betroffen: Ihre beiden Söhne waren ebenfalls von einem Lehrer unterrichtet worden, der jahrelang für die Staatssicherheit im Ausland spioniert hatte und sich vor den Schülern als James-Bond-Verschnitt präsentierte. Die Mutter hatte damals die Initiative gegen die Stasi- Lehrer ergriffen und war wochenlang mit anonymen Drohungen und Telefonaten unter Druck gesetzt worden.

Auch der Rostocker Senat reagierte bereits auf das Urteil. Oberbürgermeister Kilimann (SPD) und die Senatorin für Bildung, Ulrike Oschwald (SPD), meinten: „Für uns ist dieser Prozeß — im doppelten Sinne des Wortes — nicht beendet. Er gehört auf die politische Ebene und ist ein Stück Vergangenheitsbewältigung, das nicht nur in den Rathäusern, sondern auch in Schulen, Gerichten und Medien vollzogen werden muß.“

Frauke Kaberka (Rostock)

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