: Pieroth spricht von Bonner Wende
■ Der Finanzsenator geht von Abbau der Arbeitnehmerzulage erst ab 1992 aus/ Auch Wegfall der Herstellerpräferenz soll sich verzögern
Berlin/Bonn. Glaubt man den jüngsten Äußerungen von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU), dann fällt die Bundesregierung in bezug auf den Abbau der Berlinförderung wieder um. Nur anderthalb Wochen nach dem spektakulären Beschluß des Kohl-Kabinetts, die Arbeitnehmerzulage schon ab Mitte dieses Jahres abzubauen sowie diverse Steuerpräferenzen für die Berliner Wirtschaft alsbald zu streichen, habe in Bonn, so Pieroth in einem 'Spiegel‘-Interview, ein Umdenkungsprozeß begonnen: »Auch in Bonn hat man verstanden, daß man den Berlinern zum 1. Juli nicht Steuererhöhungen und den Abbau der Berlinförderung gleichzeitig zumuten kann«, erklärte Pieroth. Zudem soll der Abbau der Förderungen über einen längeren Zeitraum gestreckt werden als jüngst vom christlich-liberalen Kabinett beschlossen.
Von seiten der Bundesregierung sind diese Äußerungen Pieroths am Wochenende weder bestätigt noch dementiert worden. Allerdings bemühte sich Senatssprecher Fläming, die überraschenden Erkenntnisse des Finanzsenators zu relativieren. Die Verhandlungen zwischen Bonn und Berlin seien noch nicht abgeschlossen, hieß es, und Pieroth gebe seine Einschätzung der momentanen Verhandlungssituation wider.
Pieroth erweckt in dem Interview den Eindruck, als kämpften Bonn und Berlin »Seite an Seite« gegen einen ganz anderen Feind — die Europäische Gemeinschaft in Brüssel. Wenn Bonn die Herstellerpräferenz, also die Vergünstigung bei der Umweltsteuer, länger gewährt — was Pieroth als gesicherte Erkenntnis verbreitet —, stünde die EG noch im Wege. Denn, so Pieroth: »Die EG mißversteht, weil sie nur auf den Mauerabriß schaut, die Umsatzsteuerpräferenzen als mittlerweile überholte Subventionen«. Verständlich sei für Pieroth hingegen die Ablehnung der EG gegen einen Fortbestand der Abnehmerpräferenz für westdeutsche Kunden von Berliner Unternehmen.
Berlins Finanzsenator zeigt sich auch hinsichtlich der Förderung des Wohnungsbaus durch das Berlinförderungsgesetz optimistisch: »Auch da tut sich was«, sagte er, »möglicherweise läuft das erst im nächsten Jahr aus.« ak
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen