Grüne gegen Grüne gegen Grüne

Hamburg: Neo-Realos übernehmen den Grünen Landesverband/ Fundis wollen bei der Bürgerschaftswahl am 2.Juni als Alternative Liste antreten/ Vier grüne Listen bei den Wahlen?  ■ Aus Hamburg Florian Marten

Was bei Pizza und Pasta bei einem Italiener im Stadtteil Eimsbüttel vor wenigen Wochen mit den ersten Planspielen der „Wilden 13" begann, fand am Samstag auf einer Mitgliederversammlung der GAL seinen vorläufigen Abschluß: Mit 137 zu 119 Stimmen hielt die GAL an ihrem Koalitionsangebot für die SPD fest, das die „Wilde 13", eine buntgemischte Crew aus Neo-Realos und Hinterbänklern eine Woche zuvor überraschend gegen die traditionelle GAL-Linie durchgeboxt hatte.

Die knapp unterlegenen Fundis traten anschließend geschlossen ausder GAL aus. Marie-Luise Schmidt gab für sich und weitere 50 AltGALierInnen eine letzte Erklärung ab: „Die Grünalternative Liste hat aufgehört zu existieren. Sie ist jetzt ein ganz profaner grüner Landesverband. Sie hat die Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderung aufgegeben. Sie steht für Anpassung, die das Rückrat bricht.“ In der nächsten Woche wollen die Fundis, die zwar nur einen Bruchteil der immer noch 2.000 GAL-Mitglieder aber gut die Hälfte des aktiven Funktionärskaders repräsentierten, über die Gründung einer Alternativen Liste entscheiden.

Noch im Frühling 1990 hatten die Fundis triumphiert. Als sie nach heftigem Streit mit der Realo-Minderheit die These „Einig Deutschland — Viertes Reich" zur offiziellen Parteilinie machten, verließen die Realos, darunter fast die gesamte Frauenfraktion, die Partei. Die ParlamentarierInnen firmierten zur „Frauenfraktion“ um, die Realos gründeten das „Grüne Forum“, das mittlerweile von Bundesprominenz (Ruth Hammbacher, Winfried Kretschmann, Waltraud Schoppe und andere) unterstützt wird.

Daß die von Realos gereinigte GAL noch einmal eine echte Debatte über Regierungsoption contra Systemopposition zustande bringen würde, hatte kaum jemand für möglich gehalten.

Hauptgrund dafür war der katastrophale interne Zustand der GAL, in der eine Handvoll Funktionäre einen kaum wahlkampffähigen politischen Kadaver verwalteten. Der Verwesungsgeruch alarmierte schließlich die bislang schweigsame Bezirksbasis. Der Kadaver lebte noch einmal auf.

Neueintritte und Wiedereintritte, Hinterzimmergespräche und Anzeigenkampagnen von Fundis und „Wilder 13“ sorgten für die mit fast 300 Menschen bestbesuchte Mitgliederversammlung seit vielen Jahren. Die Alternative war allen Anwesenden klar: Ein Votum für die Fundis hätte die GAL auf eine antiimperialistische Oppositionsrolle festgeschrieben. Ein Votum für die „Wilde 13“ würde eine nochmalige Spaltung und die Chance für eine Reform der GAL bedeuten. Das knappe Ergebnis zeigt, wie schwer diese Entscheidung fiel.

Für eine Reform der GAL vor den Wahlen am 2.Juni bleibt allerdings keine Zeit. Ende April müssen die Kandidatenlisten für die Wahl eingereicht sein.

Ob es zu einer Versöhnung mit Frauenfraktion und Grünem Forum noch vor der Wahl kommen wird, ist mehr als ungewiß. Gelingt dies nicht, bekämen Hamburgs grünalternative WählerInnen am 2.Juni ein konkurrenzlos breites Angebot: Mit Frauenliste, GAL und Grünem Forum würden gleich drei Realo-Gruppierungen antreten, die Fundis sind mit der Alternativen Liste dabei und auch die mit Ex-Grünen gespickte Hamburger PDS erwägt ihre Kandidatur.