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De Maizière? Aussitzen!

■ Der CDU-Kanzler wird im Konflikt um seinen Stellvertreter wieder zum echten Kohl

Die Gunst der Stunde, die den Aussitzer von ehedem 1990 zum ersten Politiker der deutschen Einheit und zum gesamtdeutschen Bundeskanzler machte, ist verflogen. Der billige Optimismus, mit dem Kohl in Dresden Wahlkampf machte und gleichzeitig die Steuerzahler „zu Hause“ beruhigte, entstammte dem Wirtschaftswunder-Mythos der 50er Jahre. Aus eben dieser Schule kommt auch das Modell, mit dem die CDU die Geschichte der SED-Herrschaft bewältigen will: Schwamm drüber und in die Hände gespuckt. Nachdem bei der alten Blockpartei die Wimpel ausgetauscht waren, wurden Immobilien wie Parteibasis in die christdemokratische Union integriert. Der Vorsitzende des kleineren Partners wird gewöhnlich Vize der vereinigten Partei — mehr kann sich der Vorsitzende Kohl nicht gedacht haben, als er gegen das eindeutige Signal aus der Behörde des Sonderbeauftragten Gauck an der Pseudo-Rabilitierung de Maizières festhielt.

Gegen soviel Dickfelligkeit hilft nur die beständige Erinnerung an die Fakten. Schon im Frühjahr gab es im „Staatlichen Komitee zur Auflösung der Staatssicherheit“ deutliche Hinweise auf die Indentität eines beim MfS geführten „IM Czerni“ mit dem damals noch amtierenden DDR-Ministerpräsidenten de Maizière. Die Protokolle von monatlichen Treffen des Stasi-Führungsoffiziers Hasse mit dem IM Czerni, die vier Aktendeckel gefüllt hatten, waren mit den Unterlagen über kirchliche IMs im November 1989 vernichtet worden. Der Verfassungsschutz hatte schon im Sommer 1990 das Bundeskanzleramt vertraulich informiert.

Die CDU nutzte ihre Position im Innenministerium zur Abdeckung der Parteikarriere des Lothar de Maizière. Niemand in der CDU interessierte sich für den Fall. Das Rezept für den Umgang mit den Verstrickungen der politischen und kulturellen Elite des Landes in eine totalitäre Vergangenheit haben die Christdemokraten in den 50er Jahren erprobt, als sie die Karrieren der ehemaligen Nazi- Funkionäre wieder förderten.

Die Verwandlung der Behörde zur Verwaltung und Aufarbeitung der Stasi-Akten in eine öffentliche Verschweigeanstalt wird deren Chef, der Sonderbeauftragte Jochen Gauck, allerdings nicht aussitzen können: Es verdankt seinen Stuhl nicht der Gnade der CDU, sondern dem außerparlamentarischen Druck der Bürgerbewegungsgruppen. Inzwischen sind wir wieder soweit, daß Intellektuelle mit beamtenrechtlichen Dienstvorschriften zum Schweigen verurteilt sind und ihre Anstellung aufs Spiel setzen müssen, um auf eigentlich bekannte Tatsachen zu verweisen. Es ist kein Zufall, daß es sich da um Leute handelt, die unter dem SED-Regime den aufrechten Gang gelernt haben. Es gibt davon nur wenige, ihre Namen sollte man sich merken. Klaus Wolschner

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