: Gauck: Ich darf es nicht sagen
■ Der Sonderbeauftragte für das Stasi-Archiv schwieg mehrere Sätze lang zum Fall de Maizière/ Gauck will weder die Öffentlichkeitsarbeit Schäubles noch die Personalpolitik der CDU kommentieren
Berlin. »Ich bin ja nun nicht ein freischaffender Künstler, sondern auf eigenartige Weise dazu gekommen, eine obere Bundesbehörde zu leiten«, gestand der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die Verwaltung der Stasi-Akten, der frühere Pfarrer Jochen Gauck, am Mittwoch abend einem gemischten Publikum in der Ehlers-Akademie. Er wollte sich den Fragen aus dem Publikum stellen und gleich die erste Frage richtete sich auf den aktuellen Fall der fristlosen Entlassung des Behördenmitarbeiters und Historikers Dr. Wolle (vgl. taz 6.3./s.a. Seite 4). Wolle hatte das dienstrechtliche Schweigegebot verletzt und vor der Fernsehkamera mitgeteilt, daß die Behördenmitarbeiter weit belastenderes Material über den früheren DDR-Ministerpräsidenten zusammengetragen haben, als es im veröffentlichten Abschlußbericht des Innenministeriums zum Ausdruck kommt.
»Bei einer Behördenleitung gibt es bestimmte Dinge, die man tun kann und die man nicht tun kann, und die regelt das Gesetz, rechtfertigte Gauck seine harte Reaktion. »Ich werde nicht nur Herrn Wolle und Herrn Mittig, sondern jeden weiteren Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin, die gegen diese Verpflichtung verstößt, rausschmeißen.«
Sehr verwunden äußerte sich Gauck zu den Vorwürfen der gefeuerten Behördenmitarbeiter im Fall de Maizière. »Es ist so, daß es natürlich ein Unterschied ist, ob man den Bericht liest, der in der Vorstufe den Herren (Wolle und Mitter, d. Red.) bekannt gewesen ist, ob man meinen Bericht liest oder ob man hört, was gesagt wird. Worin der besteht, das habe ich nicht gesagt, das werde ich auch nicht sagen«, erklärte Gauck. »Ich darf es nicht sagen. Mein gesetzlicher Auftrag bestimmt mich nicht, solche Äußerungen zu machen. Und zu meinem Respekt vor dem Recht gehört es, dem Recht dann zu folgen, wenn mir Einschränkungen auferlegt werden, deren Sinn ich momentan noch nicht anerkennen kann. Aber ich muß ihm trotzdem folgen. Ich gebe meine Berichte heraus und muß sie dann dem Schicksal der berechtigten Empfänger überlassen. Ich kann nur sagen, daß der Bericht sehr sorgfältig alle in meiner Behörde ermittelten Ergebnisse mitgeteilt hat. Er war äußerst exakt und hielt sich von Vermutungen und Einschätzungen frei.«
Gauck zu dem Vorwurf, er habe sich gegen die reduzierte Verwendung der Archiv-Erkenntnisse durch des Innenministerium (BMI) nicht öffentlich gewehrt: »Ich erkenne nicht eine Handlungsmöglichkeit, die ich bei der gegenwärtigen Rechtslage hätte. Insbesondere ist der Sonderbeauftragte nicht aufgefordert, die Informationspolitik des BMI zu kommentieren oder die Personalpolitik einer großen deutschen Partei, alles das gehört nicht zu seinen Diensten.« K.W.
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