Die Fans brauchen die Spieler nicht

■ Zum Boykott eines Bundesligaspiels trafen sich am Millerntor 1.300 St.-Pauli-Fans

Hamburg (taz) — „Ein Scheiß da draußen“, entfährt es Sven Brux, Fanbeauftragter des FC St. Pauli. Er steht im Stadion, wo sonst die Fans stehen. Sieben Kilometer entfernt haben die Pauli-Profis im Spiel gegen Hertha BSC gerade das 0:2 kassiert. Am Millerntor wärmen sich 1.300 Gestalten an Bier und Glühwein, blicken auf den flutlichtbestrahlten Rasen und mögen nicht glauben, was sie aus acht Boxen hören. Solche Stimmungstöter waren für die Radio-Party nicht geplant.

In einer konzertierten Aktion hatten die 14 organisierten St.-Pauli- Fanclubs aufgerufen, statt im verhaßten HSV-Stadion auf Ordnungshüter, HSV-Hooligans und Hertha- Frösche zu treffen, lieber im heimischen Stadion dem eigens von einem Privatradio übermittelten Spielkommentar zu lauschen. Im Volksparkstadion war nichts Positives zu erwarten: „atmosphärisch nicht, sportlich nicht, fankontaktmäßig nicht, gesundheitlich nicht“.

Die Resonnanz „ist ein Erfolg“ (Brux). Am Millerntor wird simuliert, das Standardrepertoire geliefert: die Hymne „Oléoléoléolésuperhamburgsanktpauli“, der Muntermacher „Kämpfen Pauli“, nach der Pause Freudentänze zu den zwei Toren. Dann warten: „Einer geht noch, einer geht noch rein.“ Daraus wird nichts, die Stimmung verplätschert, am Ende verhaltenes Klatschen. Aber „goil“ war die Party doch: „Wir war'n dabei“, bekundeten St.- Pauli-Folkloristen, daß sie eigentlich sich selbst feierten: „Spieler brauchen Fans, aber Fans brauchen Spieler nicht.“ Katrin Weber-Klüver