piwik no script img

Tour d'Europe

■ Schwerter zu Pflugscharen?

Von wegen. Die Europäer und — wie zu fürchten ist — auch die Europäerinnen können sich nicht lassen vor Begeisterung für ihre starken Männer: Ist der britische Premier Major „inzwischen der beliebteste Regierungschef, seit es überhaupt Meinungsumfragen gibt“, hat das Ansehen des französischen Staatspräsidenten Mitterand seit Ausbruch des Golfkrieges nicht minder zugenommen: 61 Prozent der Befragten schätzen ihn, sieben Prozent mehr als Anfang Januar. Den ehemaligen französischen Verteidigungsminister Chevènement, der nach dem Beschluß des UNO-Sicherheitsrates, einen Waffengang gegen den Irak zu billigen, zurückgetreten war, mag zur Strafe nur noch ein knappes Drittel der Franzosen. Während mit knapp 70 Prozent ein neuer Höhepunkt in der Zustimmung der BürgerInnen zur Europäischen Gemeinschaft erreicht ist, denkt ein Viertel (21 Prozent) der EG- BürgerInnen inzwischen negativer über die arabische Welt. Gleichzeitig verkündeten jedoch 70 Prozent, ihre Einstellung habe sich nicht verändert. Gegenüber den in Europa lebenden Moslems haben 77 Prozent eine unveränderte Haltung (wie war die vorher?), 15 Prozent haben jetzt eine schlechtere Meinung über Moslems als vor dem Golfkonflikt.

Sieben von zehn EuropäerInnen wollen eine gemeinsame Verteidigungsorganisation.

***

Die EG-Kommission wird noch im ersten Halbjahr 1991 konkrete Vorschläge für ein gemeinschaftliches System von Exportkontrollen bei Rüstungsgütern vorlegen. Ziel einer gemeinschaftlichen Kontrollpraxis, so Manfred Brunner, der Kabinettchef von EG-Kommissar Bangemann, müsse es sein, daß generell ein restriktiverer Rüstungsexport als bisher erreicht werde. Von allen Mitgliedsstaaten gleichermaßen eingehaltene Exportregeln nützten dem Weltfrieden mehr, als wenn die nationalen Kontrollstandards wie heute weit auseinander lägen, meinte Brunner in einem Beitrag für den 'Münchner Merkur‘. Hintergrund für derlei „Angleichungs“-Absichten dürfte auch die Tatsache sein, daß zum Beispiel Belgien in der letzten Woche zum zweiten Mal Munitionslieferungen an Großbritannien als Nachschub für den Golfkrieg verweigerte.

***

Ein EG-Bürger, der in einem anderen Land der Gemeinschaft als seinem eigenen nach Arbeit sucht, darf ausgewiesen werden, wenn er nicht innerhalb einer gewissen Zeit eine Anstellung gefunden hat. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes geht auf die Klage eines Belgiers zurück, der vom britischen Innenministerium nach drei Jahren erfolgloser Arbeitssuche „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ abgeschoben wurde.

Der Gerichtshof kam zu dem Schluß, daß ein Arbeitssuchender nach einer „grundsätzlich ausreichenden“ Frist von etwa sechs Monaten nicht mehr als Arbeitnehmer anzusehen sei und deshalb auch nicht mehr das Recht auf freien Aufenthalt in der ganzen EG in Anspruch nehmen könne. Jeder EG-Staat sei deshalb berechtigt, arbeitslose StaatsbürgerInnen aus einem anderen Gemeinschaftsland auszuweisen, wenn sie nach Ablauf einer gewissen Frist nicht glaubwürdig nachweisen könnten, daß sie noch Arbeit suchten und tatsächlich Chancen zur Einstellung hätten.

Die innere Emigration empfiehlt: bel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen