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Flucht über die Berge

■ Albanische Minderheiten wollen nach Jugoslawien

Beograd (afp) — Über militante Demonstrationen in Tirana berichtete Mittwoch nacht ein albanischer Journalist über Telefon. Viele Menschen auch aus den umliegenden Städten versuchen weiter ins Diplomatenviertel Tiranas vorzudringen, wo sie hoffen, Visa einer der westlichen Staaten zu bekommen. Polizisten, die das Viertel abzusperren versuchten, wurden mit Steinen beworfen und diese antworteten mit Warnschüssen. 550 Albaner passierten mit Erlaubnis ihrer und der jugoslawischen Behörden die Grenze nach Montenegro. Die Regierung der jugoslawischen Teilrepublik informierte, daß ihrer Schätzung nach weitere 25.000 Albaner nach Jugoslawien kommen möchten. Die „Ausreiser“ sind meist serbischer und montenegrinischer Abstammung. In Albanien leben nach jugoslawischen Quellen außerdem 45.000 Makedonier, von denen ebenfalls viele ihr Heimatland verlassen wollen.

Die jugoslawische Nachrichtenagentur 'Tanjug‘ veröffentlichte eine Erklärung der albanischen Regierung, nach der die Minderheiten auch noch ermutigt wurden, das Land zu verlassen. Für Genc Pollo, einen Sprecher der oppositionellen Demokratischen Partei ist die Massenflucht alles andere als „spontan“. Die Kommunisten hätten mit Gerüchten, wonach Italien und andere westliche Staaten die Flüchtlinge aufnehmen würden, die „bestehende explosive Stimmung angeheizt“. Pollo beklagte, daß die Medien schon so weit gleichgeschaltet seien, daß man „finstere Elemente“ für alles und jedes verantwortlich mache und damit von den wirklichen Problemen des Landes ablenke. Roland Hofwiler/afp

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