: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab 1994
■ Durchbruch bei Metalltarifgesprächen für Ost-Berlin und Brandenburg: Metaller einigten sich auf einen Angleichungsstufenplan bis 1. April 1994
Mitte. Erschöpft trat IG Metall- Sprecher Michael Böhm in der Nacht zum Sonntag vor die Presse und redete von einem »Durchbruch« nach der sechsten Verhandlungsrunde. Nach einem 14stündigen Verhandlungsmarathon im Ostberliner Congreß Centrum habe sich der Verband der Metall- und Elektroindustrie für Berlin-Brandenburg und die IG Metall auf einen Tarifvertrag, der die stufenweise Angleichung der Löhne und Gehälter an das westdeutsche Niveau innerhalb von drei Jahren festlegt, geeinigt.
Vorbild des Berliner Vertrages für die rund 250.000 Beschäftigten der Metall und Elektrobranche in Ost-Berlin und Brandenburg war der Abschluß in Mecklenburg-Vorpommern. Nach diesem Vertrag werden die Arbeitnehmer ab 1. April 1994 effektiv die gleichen Beträge wie ihre westlichen Kollegen erhalten. Es war der erste Tarifvertrag in der Branche, der die Einkommensangleichung an westdeutsche Realitäten fixierte. Dieser Vertrag wurde in den vergangenen zwei Wochen zum Pilotabschluß für alle anderen ostdeutschen Tarifgebiete. Nur die Übernahme in Berlin/Brandenburg stand noch aus. Die IG Metall forderte hier — abweichend von den Abschlüssen in den anderen vier Tarifgebieten — eine prozentual gleiche Einkommensverbesserung für Arbeiter und Angestellte und eine sechsmonatige Weiterbeschäftigungsgarantie nach Abschluß der Lehre. Diese Forderungen hat die IG Metall nicht durchsetzen können, lediglich in den zwei untersten Gehaltsgruppen konnten überdurchschnittliche Anhebungen durchgesetzt werden.
Im einzelnen sieht der Vertrag vor, daß die Löhne und Gehälter ab 1. April 1991 auf 62,5 Prozent, die Gehälter auf 58,5 Prozent der Einkommen im Westteil der Stadt steigen. Ab 1. April 1992 beträgt die Anpassung 69 und 71 Prozent, ein Jahr später 80 und 82 Prozent. 1994 gibt es dann 100 Prozent. Die Auszubildenden erhalten ab 1. April 1991 genau 60 Prozent der Westberliner Vergütungen. Die wöchentliche Arbeitszeit soll ab 1. April 1994 auf 39 Stunden, ab 1. April 1996 auf 38 Stunden verkürzt, der Urlaub bis 1996 schrittweise auf 30 Tage verlängert werden.
Ex-Arbeitssenator Wagner, der mit diesem Vertrag als neuer IG-Metall-Bezirksleiter debütierte, würdigte den Tarifvertrag »als eine klare Perspektive für die Arbeitnehmer«. Auch wenn die Gewerkschaft nicht alle Forderungen durchgesetzt habe, sei der Abschluß »eine gute Grundlage für die weiteren, mindest ebenso wichtigen Aufgaben: möglichst viele Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern erhalten und neue schaffen.« Wieviel Geld die Ostkollegen tatsächlich ab 1. April bekommen, ist noch nicht heraus. Der orientierende West-Metalltarifvertrag läuft am 31.März ab; diese Verhandlungen beginnen nächste Woche. aku
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