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Presserat recherchiert schlampig

■ Der Presserat weist Hirsch-Klage zurück: 'Bild‘ arbeitete „handwerklich korrekt“

Berlin (taz) — Der Beschwerdeausschuß des Deutschen Presserates hat der 'Bild am Sonntag‘ (BamS) im Zusammenhang mit einer blamablen Zeitungsente „handwerklich korrekten“ Journalismus bescheinigt. Vor etwa einem Jahr hatte das Springer-Blatt eine reißerische Geschichte über den ehemaligen DDR-Oppositionellen und damaligen Momper-Mitarbeiter Ralf Hirsch gebracht. Unter der Überschrift „Stasi-Agent bei Momper?“ berichtete die BamS, Hirsch habe andere Oppositionelle wie beispielsweise Pfarrer Eppelmann regelmäßig an die Staatssicherheit verraten. Die BamS stützte ihre Geschichte auf die Aussagen eines Ex-Stasi- Offiziers, der allerdings anonym blieb.

Schon nach drei Tagen platzte die Story — die Akteneinsicht im Stasi-Archiv ergab „mit Sicherheit“, daß Hirsch nicht Täter, sondern Opfer gewesen war. 'Bild am Sonntag‘ einigte sich mit Hirsch in einem außergerichtlichen Vergleich darauf, 50.000 Mark an ihn zu zahlen — eines der höchsten Schmerzensgelder in der bundesdeutschen Pressegeschichte.

Das alles hat den Presserat offenbar nicht interessiert. Eine Verletzung der publizistischen Grundsätze könne der Ausschuß nicht feststellen, obwohl 'Bild‘- Reporter in Ost-Berlin nach Aussagen von Zeugen sogar unter falschem Namen in Sachen Hirsch „recherchierten“, sich sogar als Freunde des Ex-Oppositionellen ausgaben, um Material gegen den Momper-Mitarbeiter zu sammeln. Letzteres ist nach den Richtlinien des Pressekodex eindeutig verboten. Lapidarer Hinweis in dem Begründungsschreiben der Ablehnung: „Der Vorwurf wird von BamS im einzelnen bestritten.“ Der Presserat selbst ist den Vorwürfen nicht weiter nachgegangen.

Größter Hammer in dem Schreiben an Hirsch: Er habe selbst mit seinen „öffentlichen Äußerungen gegenüber der Agentur 'ap‘ Anlaß für die von Bild aufgeworfene Frage gegeben. Gegenüber 'ap‘, so der Presserat, habe Hirsch zugegeben, eine Verpflichtungserklärung bei der Kripo unterschrieben zu haben. Hier hat der Presserat gleich zweimal schlampig recherchiert. Erstens hat 'ap‘ Hirsch am betreffenden Tag nicht erreicht — das schreibt die Agentur selbst in einem Artikel. Telefoniert hat Hirsch vielmehr mit einem Redakteur der Nachrichtenagentur 'Reuter‘. Doch Hirsch hat nicht von einer Verpflichtungserklärung, sondern von einem Vernehmungsprotokoll gesprochen, das er 1979 unterschrieben hat. Die Gralshüter des sauberen Journalismus haben im Volontariat offenbar öfter blaugemacht.

„Mutwilligen Verleumdungen als Stasi-Spitzel sind mit dieser Entscheidung Tür und Tor geöffnet!“ empörte sich gestern Walter Momper. Tatsächlich reicht nach Auffassung des Presserates ein Fragezeichen in der Überschrift aus, um unbescholtenen Menschen das Schlimmste anzuhängen. CC Malzahn

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