: The Subway Surfers
■ Mit Oma in den Übungskeller
Sie stammen aus Aurich, waren aber schon so oft in Berlin, als wollten sie ebenso hierher übersiedeln wie die Strangemen, mit denen sie auch andauernd verglichen werden. Die Subway Surfers beackern ebenfalls das Feld des verzerrten, aber dabei immer melodischen Gitarrenrocks, in etwa nach der Prägung Hüsker Düs (wer auch sonst?!). Das bedeutet einen zugreifenden Mix aus Gefühl und Härte, genau richtig, um das Herz eines jeden Musikfans zu erreichen. Auch ein Quentchen Pathos steckt in den Songs der Subway Surfers.
Eine quengelig jugendliche Stimme singt da innerlich aufgebracht über Ripper, französische Girls, die Rechte der Reichen auf mehr Schokoladenstückchen, Neid und Eifersucht; findet dann aber prinzipiell doch alles in Ordnung und fühlt sich, nachdem alles herausgequetscht wurde, in glücklicher Grundstimmung. Dazu ziehen und zerren die Gitarren, bilden zusammenhängende kratzige Gewebe, die aber die Freundlichkeit ganz frisch geweißter Rauhfasertapeten verströmen und Licht in die Bude bringen. In dieser Atmosphäre kann man sich dann auch mit der Omi zum Tee treffen. Die versteht zwar den Krach nicht so ganz, fühlt sich aber auch nicht davon angegriffen, weil sie weiß, daß die Jungs zwar eigensinnig, aber ganz in Ordnung sind.
Die Subway Surfers haben auf ihren bisher zwei Platten einen naiven und ungestümen Charme kultiviert, der sie von anderen Bands aus dieser Richtung unterscheidet, und auch den Strangemen-Vergleich hinken läßt. Ihre Songs sind gradliniger, der Sound trashiger, der Rhythmus rumpeliger, die Stimme fordernder. Vielleicht liegt das an ihrer ländlichen Umgebung, in die Einflüsse oft nur fragmentarisch dringen und nicht zu Maßstäben werden, denen perfekt nachgeeifert werden muß. Die Songs der Surfers haben noch die Frische des Probenraums: sie sind spontan fixierte Momente, schnell erdacht und schnell eingespielt, bevor lange Studiobastelei den unmittelbaren Moment in Arbeit umformt. So bringen sie von akustischen Liedchen mit weiblichen Backgroundvocals bis zum einminütigen punkmäßigen Prügler alles pur auf den Punkt, ohne sich um eventuelle Brüche zu scheren. Das brauchen sie eh nicht, denn ihr Gesamtsound bleibt immer homogen, wofür auf den Platten schon die müllige Produktion sorgt.
Wegen ihrer Qualitäten, und wahrscheinlich auch, weil sie stark amerikanisch angehaucht sind, gehören die Subway Surfers zu den wenigen deutschen Bands, die sich noch bei den Heavy-Noise-Spezialisten vom Glitterhouse-Label tummeln dürfen. Bei denen laufen sie unter dem passenden Etikett »Heart-Rock«, zum Teil wohl als Kontrastprogramm zum sonstigen Grunge auf den Glitterhouse-Produkten. Leider werden sie nie solche Stückzahlen ihres Vinyls absetzen wie ihre Labelkollegen, und an deutschen Bands ernten Well Well Well oder eben die Stangemen die Lorbeeren für ihre Bemühungen um rotzig-sehnsüchtige Rocktöne.
Aber den Surfers wird dies nicht allzu viel ausmachen, solange sie ihre Vorlieben weiterhin auf Touren verbreiten und mit ihnen Plattenrillen füllen können. Zu wünschen sind ihnen zumindest dann einigermaßen gefüllte Säle. Es müßte doch viele Leute interessieren, warum sich eine Band ein Hobby zum Namen nimmt, dem sie in der Heimat aus Mangel an geeigneten Turnobjekten nicht nachgehen kann. Vielleicht kommen sie deshalb so oft nach Berlin.
Gestern waren die Subway Surfers schon im Klub JoJo, heute hangeln sie sich ins K.O.B., wo ihre arbeitswütigen Partner leider nicht eintreffen werden. Die Firma streikt..., zumindest fällt sie aus. Schwalbe (foto: Hoffmann & Sturm)
Um 22 Uhr im K.O.B.
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